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Neue Westfälische (Bielefeld): Plädoyers im NSU-Prozess Maximales Strafmaß, maximaler Skandal Dieter Wonka, Berlin

Bielefeld (ots)

Am Willen zur "Tatherrschaft" von Beate Zschäpe besteht kein Zweifel. Es geht um zehn Morde, zwei Bombenanschläge und 15 Raubüberfälle. Es war von Anfang an das Ziel der Bundesanwaltschaft, genau das und nicht mehr zu beweisen. Folgerichtig ist das gewünschte Maximum an Strafmaß. Dabei wird die anschließend angeordnete Sicherheitsverwahrung zum Streitfall unter juristischen Experten werden. Die Anklage darf sich sicher sein, nach Meinung der großen Mehrheit der Bürger auch damit richtig zu liegen. Es passt als Schlussstein in das Schlussstrich-Bild, mit dem die Rechtsbewahrer und die offizielle Politik den NSU zu den Akten legt. Zwei rassistisch motivierte Mordbrenner sind tot, Zschäpe, ein "eiskalt kalkulierender Mensch", wird weggesperrt und zwar für immer. Mit der geforderten Höchststrafe ist dem Rechtsstaat Genüge getan. Ein Skandal bleibt es, mit welcher Respektlosigkeit die Angehörigen der Opfer zu Tätern gemacht wurden. Nachbarn, Polizisten, Verfassungsschützer und Politiker behaupten, ein rechtsterroristisches Kerntrio hat 13 Jahre unerkannt und nahezu unbehelligt gemordet und radikalisiert. Nicht geklärt ist, ob wirklich nur ein kleiner Teil der Täter tot ist oder weggesperrt wird. Der Verdacht bleibt, dass nicht breit genug ermittelt wurde. Der Fall Zschäpe mag aufgeklärt sein. Braune Schandtaten vom Beginn des NSU bis heute sind es kaum. Seitdem zieht sich bei manchen eine Spur des abgrundtiefen Hasses gegen Fremdes durchs Land. Erst interessiert sich kaum jemand für "Einzelfälle" und dann gibt es vorschnelle Antworten, die die Öffentlichkeit beschwichtigen sollen. So entstehen Biotope rassistischer Fantasien, die Hetzer ausnutzen. Diskussionen werden ersetzt durch Schreien, Pfeifen, Grölen. Und inzwischen wird der Hass auf Institutionen zur bürgerlichen Notwehrmaßnahme veredelt. Geblieben ist bis heute die minimale Aufklärungsrate bei fremdenfeindlichen Übergriffen. Es bildet sich gerade zur Bundestagswahl eine Plattform, die in Teilen den nationalen Widerstand beschwört. Sie hat nichts mit den Zschäpes, Böhnhardts und Mundlos gemein. Aber manche in der AfD gefallen sich ohne großes Zögern in einer Wortwahl, die mehr verrät als sie tatsächlich sagen. Beiden gemeinsam ist die Untugend des Vorurteils, des Blindwütigen. Zum Gesinnungsterror, der den Kitt der Gesellschaft zerstören kann, ist es nicht mehr weit. Der Spuk ist nicht vorbei.

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