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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentasr: Qualitätsmängel in der medizinischen Forschung Würfelspiele PETER STUCKHARD

Bielefeld (ots)

Der Titel des Doktors der Medizin ist in Deutschland eine Berufsbezeichnung für Ärztinnen und Ärzte. Dass also die berufliche und gesellschaftliche Anerkennung des Arztes eng mit dem Titel verbunden ist, hat zur Folge, dass in keinem anderen Studienfach in Deutschland so viele Absolventen promovieren, also den Doktortitel erwerben, wie in der Medizin. Der Dr. med. ist in vielen Fällen deshalb nicht der Nachweis für eine eigenständige wissenschaftliche Leistung. Spötter im Wissenschaftsrat sprechen von Pro-forma- oder Türschildforschung. Sie haben insoweit recht, als der Dr. med. in Europa dem internationalen Doktorgrad des Ph. D. (philosophical doctor) nicht gleichgestellt ist, was dem deutschen Nachwuchs beim Wettlauf um internationale Forschungsstipendien zum Nachteil gerät. Ist das alles so wichtig? Natürlich nicht. Der gute Hausarzt oder die niedergelassene spezialisierte Fachärztin müssen keinen Forscherdrang verspüren, sondern primär das Wohl ihrer Patienten im Auge haben. Und genau das tun ja auch die allermeisten. Ganz andere Forderungen sind an die klinische wie die Grundlagenforschung in der Medizin zu richten. Wissenschaftliche Arbeit zielt auf den Gewinn neuer Erkenntnisse. Dazu hat sich die internationale wissenschaftliche Gemeinschaft in den Natur- wie den Sozialwissenschaften auf Spielregeln und Methoden geeinigt. Die wichtigste Spielregel ist die intersubjektive Vergleichbarkeit von Studien. Das bedeutet, die Forscher müssen ihre Vorgehensweise so akribisch beschreiben, dass jeder Kollege sie nachvollziehen kann. Eine zweite Mindestvoraussetzung ist, dass der Auftraggeber und Finanzier der Studie bekannt ist und die Forscher mögliche Interessenkonflikte offenlegen. Im methodischen Bereich müssen die Studien den Anforderungen mathematisch-statistischer Instrumentarien standhalten, sollen sie nicht zum Würfelspiel werden. Das beginnt bei der Stichprobe, geht über die beschreibende hin zur schließenden Statistik, die Zusammenhänge und Unterschiede überprüft, damit mit dem vermehrten Auftreten von Störchen nicht das Hochschnellen der Geburtenrate erklärt wird. In der klinischen Forschung werden diese Standards weitgehend eingehalten, wenngleich auch hier genaues Hinschauen erforderlich ist. Die Ergebnisse der Grundlagenforschung reizen hingegen oft leider nur zum Lachen.

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