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Mittelbayerische Zeitung: O, du Hektische!/In einer Woche ist Weihnachten. Die Adventszeit sollte eigentlich zum Besinnen da sein. Das haben aber viele Menschen in Deutschland leider längst verlernt. Von Martin Kellermeier

Regensburg (ots)

Der Schnee mag leise rieseln, die Adventszeit ist aber alles andere als eine ruhige und beschauliche Zeit geworden. In einer Woche ist Heiliger Abend. Der Zauber des Advents ist bis dahin aber längst verflogen. Nein, er konnte gar nicht aufkommen. Die Deutschen haben den Advent verlernt. Auf die Engel, die dem Christkind beim Schmücken des Christbaums helfen, können die Kinder lange warten. Hektik und Konsumdenken der Menschen haben sie verscheucht. Mal ehrlich: Bei so viel Stress fliegt keine Himmelsgestalt freiwillig auf die Erde. Die Tage ab dem 1. Dezember sollen eigentlich auf das Weihnachtsfest einstimmen. Christus, der Sohn Gottes, kommt zur Welt. Weihnachten ist für viele "das" Fest der Kirche. Das ist zwar eigentlich falsch, denn Ostern ist mit seiner Auferstehungsbotschaft vom Glauben her betrachtet das Wesentlichere für alle Christen. Trotzdem: Weihnachten ist der Garant für volle Kirchen. Das "Stille Nacht" wollen dann doch viele nicht verpassen. Zum Glück. Immerhin für eine Stunde besinnen sich am 24. Dezember viele im Gotteshaus. In der Adventszeit hatten sie dafür keine Zeit. Kein Wunder. Der Mensch wird von der Gesellschaft immer mehr getrieben. Der Leistungsdruck steigt. Wer Erfolg haben will, muss auch in der Adventszeit liefern. Es bleibt kein Platz für die "staade Zeit". Burn-out als Folge lässt grüßen. Früher war das alles anders. Als noch der Großteil der Bevölkerung in der Landwirtschaft gearbeitet hat und es noch nicht überall Strom gab, konnte man der "staaden Zeit" nicht auskommen. Der Bauer konnte eben nur so lange arbeiten, wie es Tageslicht gab. Im Advent, wo die Tage am kürzesten sind, hat man sich dann im Wohnzimmer am Adventskranz zusammengesetzt. Adventslieder, deren Texte viele Kinder schon gar nicht mehr kennen, wurden gesungen. Heute macht man das Licht einfach an und weiter geht's. Klar: Niemand kann die Zeit zurückdrehen und will in die kalten Stuben des letzten oder vorletzten Jahrhunderts zurückkehren - oder doch? In der heutigen Zeit versuchen immer mehr, sich mit materiellen Dingen ein Weihnachtsgefühl zu erkaufen. Wie viele drängen auf die Adventsmärkte, weil sie hoffen, dass sie dort in Weihnachtsstimmung kommen? Auf diese Sehnsucht springt auch die Werbung auf. Ein bisschen Weihnachtszauber gibt's zum Beispiel per Knopfdruck im Fernsehen. Dort versuchen Discounter, mit ihren Werbespots den Menschen eine heimelige Atmosphäre zu vermitteln. Bilder von Familien, die gemeinsam mit Oma und Opa an Weihnachten an einem Tisch sitzen, sind eine sichere Bank für eine gelungene Werbung in der Adventszeit. Warum? Weil sich die Menschen nach diesem Gefühl sehnen. Traurig genug: Viele kennen es eben nur aus der Werbung und würden es sich gerne nach Hause holen. Einsamkeit ist das Schlimmste für den Menschen. Dank Facebook, WhatsApp und Co. haben viele persönliche Gespräche und Begegnungen verlernt. "Frohe Weihnachten" gibt's dafür am Handybildschirm - gern auch mit animiertem Smiley samt Nikolausmütze. Der Advent ist aber auch die Hochzeit des Konsums. Alle sind auf der Jagd nach den perfekten Geschenken für ihre Liebsten. Wer vor Weihnachten in die Einkaufsmeilen geht, braucht ein dickes Fell und viel Geduld. Der Handelsverband Deutschland erwartet für das Weihnachtsgeschäft 2018 ein Umsatzplus von zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf mehr als 100 Milliarden Euro! Spielwarenhändler machen in der Zeit vor Weihnachten sogar 28 Prozent ihres Jahresumsatzes. Geschenke sind eine tolle Sache. Das Strahlen der Kinderaugen an Weihnachten ist unbezahlbar. Viele fühlen sich aber auch zum Schenken verpflichtet. Was gibt man den Eltern, die schon alles haben? Anstatt eines Alibi-Päckchens wäre ein Gutschein für einen gemeinsamen Ausflug eine gute Sache. Zeit schenken, zusammenrücken. Das würde den Zauber der Weihnachtszeit entfachen.

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