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Mittelbayerische Zeitung: Sichere Rente - aber welche?/Dass sich die Große Koalition über die Rentenpolitik streitet, ist eine notwendige Kursbestimmung. Denn es geht um Weichenstellungen für die nächsten Generationen.

Regensburg (ots)

Wohl kaum ein Satz hat sich so in das kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt wie Norbert Blüms Slogan aus dem Jahre 1986: "Denn eins ist sicher: die Rente!" Der Herz-Jesu-Christdemokrat aus der politischen Ära von Helmut Kohl hat in den Jahren danach Hohn und Spott, aber auch Zustimmung eingeheimst. Und, so viel muss man Blüm lassen, die gesetzliche Rente, jenes immer wieder angefeindete Umlagesystem, hat die Stürme der vergangenen drei Jahrzehnte einigermaßen gut überstanden. Natürlich ist Rente auch in Zukunft sicher, die Frage ist nur welche? Freilich hat sich das System der Altersversorgung und -vorsorge seit Blüms Zeiten gewaltig verändert. Aus demografischen Gründen, weil immer weniger Beitragszahler für immer mehr Ruheständler aufkommen müssen. Aus politischen Gründen, weil der Rentenkasse enorme Lasten im Zuge der deutschen Einheit aufgebürdet wurden, auch weil zahlreiche Leistungen, die eigentlich aus dem Steuertopf bezahlt werden müssten, vom Konto der Rentenversicherung abgebucht werden. Jüngsten Beispiel dafür ist die - völlig richtige - Anhebung der Mütterrente, die die Benachteiligung von Frauen, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, mildert. Auch diese Leistung hätte durch den Bundeshaushalt finanziert werden müssen. Aber die Union wollte das partout nicht. Ohnehin fließen aus dem Steuertopf bald nahezu 100 Milliarden Euro in die Rentenkasse, pro Jahr. Das liegt freilich daran, dass unter diesem Dach Leistungen bezahlt werden, die mit Rente im engen Sinne nichts zu tun haben, etwa für die Versorgung von Witwen, Witwern, für Reha-Leistungen, für Kindererziehungszeiten und anderes mehr. Solange die Steuereinnahmen wegen guter Konjunktur ordentlich fließen, stellt das für den Bund kein Problem dar. Doch was ist, wenn die Konjunktur nicht mehr brummt, wenn die Beschäftigung zurückgeht? Das Rentensystem nachhaltig, also zukunftsfähig und einigermaßen krisenfest zu machen, davor drückt sich die jetzige GroKo. Die Politik der letzten Jahrzehnte handelte relativ kurzatmig, dreht hier an einem Schräubchen - etwa Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors, der das Rentenniveau absenkt -, und baute dort ein neues Instrument ein, wie die Einführung der privaten Riester-Vorsorge. Mit dem von Sozialminister Hubertus Heil geplanten aktuellen Rentenpaket sollen das Rentenniveau und die Beitragssätze bis 2025 stabilisiert sowie Geringverdiener entlastet werden. Allerdings gibt es bereits darüber heftigen Streit unterm schwarz-roten Dach. Doch dass sich die Große Koalition über die Rentenpolitik streitet, ist kein Makel, sondern eine notwendige Kursbestimmung. Es geht immerhin um Weichenstellungen für künftige Generationen. Die Kanzlerin wollte das knifflige Rententhema eigentlich in den nächsten Jahren erst mal auf Eis legen. Weil die SPD darin jedoch ein gefundenes Fressen für den Wahlkampf - in Bayern, Hessen sowie darüber hinaus auch 2021 im Bund - sieht, muss die Union über kurz oder lang erklären, wozu sie bereit ist. Dass allerdings Vizekanzler Olaf Scholz, gewissermaßen mit dem Mute der Verzweiflung, gar bis zum Jahr 2040 ein sicheres Rentenniveau und Obergrenzen bei den Beitragssätzen festzurren will, ist reichlich tollkühn. Das wäre eine Rechnung in die Zukunft mit zu vielen Unbekannten, die nicht aufgehen kann. In der Grundrichtung jedoch, die Rentenpolitik auf langfristig tragfähige Füße zu stellen, ist dem möglichen SPD-Kanzlerkandidaten Recht zu geben. Sollte sich die GroKo in absehbarer Zeit nicht verständigen können, gibt es 2021 einen Wahlkampf zur Rente. Und das wäre mal ein lohnendes Thema.

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