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Mittelbayerische Zeitung: Klatsche für Schlapphüte Das Verbot der Überwachung eines Linken-Politikers wirft die Frage nach der Zukunft der Sicherheitsdienste auf. Von Reinhard Zweigler

Regensburg (ots)

Mit einer deftigen Klatsche haben Deutschlands oberste Richter dem Verfassungsschutz Grenzen aufgezeigt. Dass die Schlapphüte den heutigen thüringischen Linken-Abgeordneten und früheren hessischen Gewerkschaftsfunktionär Bodo Ramelow über fast drei Jahrzehnte ausspähten, verletzt das freie Abgeordnetenmandat und widerspricht der Verfassung. Es ist gut, dass die Verfassungsrichter der Tätigkeit des Inlandsgeheimdienstes die rote Karte zeigten. Es war schlecht, dass der Verfassungsschutz jahrelang glaubte, die Verfassung nach eigenem Gusto auslegen zu können. Offen bleibt, wieso die politisch Verantwortlichen für die anrüchige Langzeit-Observation ungeschoren davonkommen. Zugleich haben die roten Roben in Karlsruhe jedoch nicht die rosarote Brille aufgesetzt und etwa jedwede geheimdienstliche Beobachtung von Volksvertretern untersagt. Sie haben vielmehr strenge Voraussetzungen vorgegeben, unter denen eine Observierung erlaubt sein kann. Wer sich etwa verfassungsfeindlich betätigt, egal ob von der ganz rechten oder der ganz linken Seite des politischen Spektrums, muss mit Beobachtung rechnen. Und zwar völlig zu Recht. Anders als die Weimarer Republik, die die Extremisten nicht zu bekämpfen vermochte, ist die bundesdeutsche Demokratie offen und wehrhaft zugleich. Sollte sie zumindest. Ein Abgeordnetenmandat kann und darf kein Freibrief für unrechtmäßiges, verfassungsfeindliches Verhalten sein. Doch der Fall Ramelow wirft auch die Frage auf, wie es um die Zukunft der deutschen Sicherheitsdienste insgesamt bestellt ist. Wie die Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern, wie der Auslandsgeheimdienst BND oder der Militärische Abschirmdienst künftig aufgestellt werden, wird öffentlich allerdings kaum thematisiert - und scheint auch in den anstehenden Koalitionsverhandlungen keine große Rolle zu spielen. Zumal sich die deutschen Dienste zuletzt nicht gerade mit Ruhm bekleckert haben. Der Verfassungsschutz tappte bei der NSU-Mordserie jahrelang im Dunkeln. Und der Bundesnachrichtendienst hat sich offenbar als willfähriger Helfer bei der Ausspähung von Datensätzen in Deutschland durch den großen US-Bruder NSA erwiesen. Aufgeklärt ist die Rolle der deutschen Behörden in dieser Affäre noch längst nicht. Unter dem CSU-Innenminister Hans-Peter Friedrich, der gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern gern den "harten Hund" gibt, wurde der Kompetenzdschungel der mehr als 30 deutschen Sicherheitsbehörden auf Länder- und auf Bundesebene zwar etwas gelichtet. Strukturen wurden gestrafft. Doch der wirkliche Durchbruch zu mehr Effizienz und Transparenz war dies noch nicht. Trotzdem macht sich der bisweilen etwas verbissene Oberfranke Hoffnungen, wiederum das Innenressort - und das damit das Verfassungsministerium - zu führen. Die Rückendeckung von CSU-Chef Horst Seehofer hat Friedrich offenbar. Freilich dürfte auch die SPD, wenn sie denn in förmliche Koalitionsverhandlungen mit der Union eintreten sollte, Begehrlichkeiten anmelden. Mit dem ehrgeizigen und redegewandten Innenexperten Thomas Oppermann schicken die Sozialdemokraten zudem ein politisches Schwergewicht in den Ring. Friedrich oder Oppermann - das wäre nicht nur eine personelle Weichenstellung, sondern auch eine inhaltliche Entscheidung, wohin die Reise mit den deutschen Sicherheitsbehörden gehen soll. Nachhilfeunterricht für die Schlapphüte aus Karlsruhe sollte es so oder so künftig nicht mehr geben müssen.

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