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Mittelbayerische Zeitung: Zur FDP: Posten für Minderleister

Regensburg (ots)

Leistung muss sich wieder lohnen. Eine liberale Partei fühlt sich diesem Grundsatz verpflichtet - aber nur im Grundsatz. Bei den Landtagswahlen Ende März verlor die FDP in Rheinland-Pfalz nicht nur 3,8 Prozent der Stimmen, sondern sie flog mit 4,2 Prozent der Stimmen auch gleich noch aus dem Landtag. Landesvorsitzender war damals Rainer Brüderle. In Baden-Württemberg verlor die Partei 5,4 Prozent der Stimmen und fand sich mit 5,3 Prozent auf den harten Oppositionsbänken wieder. Landesvorsitzende war und ist Birgit Homburger. Nun will die FDP bundesweit neu durchstarten, aber zuvor müssen die beiden Verlierer - man kann sie im neuen Wirtschaftsdeutsch auch Minderleister nennen - noch versorgt werden. Die Plaudertasche Brüderle verzichtet auf das Amt des Bundeswirtschaftsministers nur, weil er dafür mit dem Posten des Fraktionschefs der Liberalen im Bundestag abgefunden wird. Und weil die bisherige Amtsinhaberin Birgit Homburger zwar bisher nicht groß aufgefallen ist, aber trotzdem auf einem Ausgleich besteht, soll sie wenigstens erste stellvertretende FDP-Bundesvorsitzende werden. Leistung muss schließlich belohnt werden, auch wenn die Wähler das ganz anders gesehen haben. Nichtsdestoweniger wird der designierte Parteivorsitzende Philipp Rösler zufrieden sein. Er kann seine kritikwürdigen Personalvorschläge durchsetzen, weil es sich die Liberalen gar nicht erlauben können, ihren künftigen Vorsitzenden jetzt schon zu desavouieren. Dank der Personalrochade kann der künftige Vizekanzler vom ungeliebten Gesundheitsressort in das Wirtschaftsministerium wechseln. Dort auf dem Stuhl von Ludwig Erhard und Otto Graf Lambsdorff will Rösler sich und die FDP als das liberale Wirtschaftsgewissen Deutschlands profilieren. Davon verspricht sich die an Wählerschwund krankende FDP mehr Heilungschancen als vom mühsamen Geschäft des Aushandelns von Pharmarabatten, Leistungskatalogen und Zuzahlungsregeln. Als Wirtschaftsminister kann und muss Rösler zeigen, dass der Liberalismus mehr zu bieten hat, als den ständigen Ruf nach Steuersenkungen. Die FDP hat mit ihrer einseitigen Privilegierung zum Beispiel der Hoteliers oder der Besserverdiener ihren Anspruch verspielt, alle Leistungsträger in diesem Land zu vertreten. Die FDP versteht sich nicht als klassische Volkspartei, aber eine Partei, die verbal den Leistungsgedanken hochhält, sollte sich zumindest darum kümmern, dass auch der fleißige Arbeitnehmer mit niedrigem oder mittlerem Einkommen vom Wirtschaftsaufschwung profitiert. Steuersenkungen bringen ihm vergleichsweise wenig, die Senkung oder zumindest Stabilisierung der Sozialversicherungsbeiträge dagegen viel mehr. Der bisherige Vorsitzende Guido Westerwelle hat für sich den Stuhl des Außenministers gesichert - doch auch in diesem Bereich wird Vizekanzler Rösler Flagge zeigen müssen. Es fällt auf, dass viele liberale Bundestagsabgeordnete aus ihrer Europa- oder besser Euroskepsis keinen Hehl mehr machen. Entsteht hier eine neue nationalliberale Bewegung unter dem Motto "Nein. Wir zahlen nicht."? Es wäre fatal, wenn die Partei des Ex-Außenministers Hans-Dietrich Genscher sich mit Anti-Europa-Parolen populistisch positionieren würde. Klare Worte von Rösler sind gefragt. Noch dazu könnte er sich so schnell aus dem Schatten von Westerwelle lösen. In der Personalpolitik nahm Rösler Rücksicht auf alte Mitstreiter. Wird er es nun schaffen, in den Sachfragen eine klare Linie zu ziehen? Man muss darauf hoffen. Die FDP kann sich faule Kompromisse leisten, Deutschland nicht.

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