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BLM Bayerische Landeszentrale für neue Medien

Konfliktverhalten Jugendlicher in sozialen Netzwerken ist nicht auf Cybermobbing zu begrenzen
BLM präsentiert zum Safer Internet Day JFF-Studie "Wo der Spaß aufhört"

München (ots)

"Mit Cybermobbing wird häufig nur ein Ausschnitt der Konflikte betrachtet, die Jugendliche online erfahren. Zudem bleibt verborgen, dass Jugendliche durchaus auch Konflikte lösen." So fasst JFF-Direktorin Dr. Ulrike Wagner die Erkenntnisse aus der Studie "Wo der Spaß aufhört... Jugendliche und ihre Perspektive auf Konflikte in Sozialen Netzwerkdiensten" zusammen, die heute zum Safer Internet Day in der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) präsentiert wurde.

Die Untersuchung ist der jüngste Teil der breit angelegten Konvergenzstudie "Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche", die das JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis im Auftrag der BLM durch-führt. Um für die Teilstudie "Wo der Spaß aufhört" zu erfahren, wie Jugendliche mit zwischenmenschlichen Konflikten in Online-Communitys wie Facebook um¬gehen, befragte das JFF im Sommer 2011 rund 60 Jugendliche im Alter von 13 bis 16 Jahren an Münchner Haupt-, Realschulen und Gymnasien.

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass Jugendliche einen sehr differenzierten Blick auf Online-Konflikte haben. Um die Heranwachsenden in Konfliktsituationen zu unterstützen und insbesondere Cybermobbing vorzubeugen, müsste das ganze Spektrum an Online-Konflikten thematisiert werden, statt das Konfliktverhalten immer nur auf Cybermobbing zu begrenzen, warnen die Autoren der Studie Ulrike Wagner, Niels Brüggen, Peter Gerlicher und Mareike Schemmerling.

BLM-Präsident Siegfried Schneider betonte die Relevanz der Studie für die medienpädagogische Arbeit: "Da soziale Netzwerkdienste für Jugendliche eine große Rolle spielen, ist es naheliegend, dass sie dort auch Konflikte austragen. Uns interessiert besonders, wie diese Online-Konflikte strukturiert sind und welche Empfehlungen sich aus diesen Erkenntnissen für Eltern, Lehrer und medienpädagogische Projekte ableiten lassen.

Nach den Ergebnissen der Studie unterscheiden Jugendliche bei Online-Konflikten zwischen 'Spaß-Streits', Meinungsverschiedenheiten, Streitereien und Mobbing. Dahinter liegt ein komplexes System aus Regeln, wie man bei welchem Konflikt reagieren kann. Wer diese Konfliktformen und Regeln nicht kennt, kann auch keine Hilfe geben. Weitere Ergebnisse:

Konflikte entstehen vor allem mit den 'Freundesfreunden'

Am häufigsten erleben die Befragten der Studie Konflikte mit den Freunden von Freunden. Mit diesen 'Freundesfreunden' würden die Jugendlichen offline - also im direkten Austausch - nicht unbedingt kommunizieren. In Online-Communitys ist dies aber durchaus üblich. Gerade mit den Freundesfreunden entsteht zum Beispiel aus einem 'Spaß-Streit' besonders schnell ein echter Konflikt, da man sich nicht so gut kennt. Missverständnisse sind eine häufige Ursache für Konflikte in Online-Communitys.

Jugendliche sehen sich und andere nicht als Opfer und Täter

Jugendliche akzeptieren Zuschreibungen wie 'Täter' und 'Opfer' nur in stark eskalierten Konflikten. Dagegen formulieren sie den Anspruch an sich und andere, Konflikte selbstbestimmt zu lösen. Deshalb wirkt es von außen betrachtet teilweise so, als ob Jugendliche miterlebte Konflikte zwischen anderen Personen ignorieren. Aus ihrer Sicht respektieren sie dagegen die Souveränität der Konfliktparteien. Darin ist durchaus eine Orientierung an gesellschaftlichen Werten wie Selbstständigkeit und Durchsetzungsfähigkeit zu erkennen. Doch mitunter sind Jugend¬liche damit auch überfordert. Ihnen fällt schwer, Konfliktsituationen einzuschätzen und zu erkennen, wann es notwendig wäre, einzuschreiten.

Unterstützung suchen und erhalten die Jugendlichen unter sich

Konflikte in Online-Communitys können Jugendliche vor Probleme stellen, mit denen sie nur schwer zurechtkommen. Insbesondere wenn sie auf sich alleine gestellt sind. Dass sich Freunde gegenseitig helfen, wenn sie gefragt werden, ist gängige Alltagspraxis. Erwachsene werden dagegen nur dann hinzugezogen, wenn die Jugendlichen ihnen vertrauen und wenn sie glauben, dass die Erwachsenen die Mechanismen und Regeln von Online-Konflikten ebenfalls verstehen. Informationsseiten im Internet stehen die Befragten skeptisch gegenüber. Die Meldefunktion von Online-Plattformen erscheint für sie nur relevant, wenn sie Spam oder anderweitig Unerwünschtes von Fremden erhalten.

Aus diesen Erkenntnissen lassen sich folgende Leitlinien für die pädagogische Arbeit mit Jugendlichen ableiten:

   - Wo der Spaß aufhört, erschließt sich erst dann, wenn man einen 
     differenzierten Blick auf die verschiedenartigen Konfliktformen 
     wirft. Unverzichtbar ist es, die unterschiedlichen 
     Konfliktformen in ihrer Bandbreite mit Jugendlichen zu 
     thematisieren und mit ihnen gemeinsam Handlungsmöglichkeiten zu 
     diskutieren.
   - Wo der Spaß aufhört, liegt nicht allein im Ermessen der 
     Streitenden. Auch gesellschaftlich geprägte Werteorientierungen 
     spielen eine entscheidende Rolle im Aushandeln von 
     Online-Konflikten. Das Spannungsverhältnis zwischen Erfahrungen 
     aus der eigenen Lebenswelt und gesellschaftlich akzeptierten 
     Normen und Werten (z.B. Selbstbestimmung und solidarisches 
     Helfen) muss in der pädagogischen Praxis gemeinsam mit den 
     Jugendlichen aufgegriffen werden.
   - Wo der Spaß aufhört, gibt es Klärungsbedarf. Nicht Konflikte an 
     sich, sondern eskalierendes Konflikthandeln sollten in der 
     pädagogischen Arbeit abgelehnt werden. In der Arbeit mit 
     Jugendlichen gilt es, konstruktive Wege zum Handeln in 
     Online-Konflikten zu erarbeiten und zu diskutieren. Zudem gilt 
     zu klären, wie und wann andere in Online-Konflikten unterstützt 
     werden können und sollten.

Angaben zur Studie:

Wagner, Ulrike; Brüggen, Niels; Gerlicher, Peter; Schemmerling, Mareike (2012): Wo der Spaß aufhört ... Jugendliche und ihre Perspektive auf Konflikte in Sozialen Netzwerkdiensten. Zweite Teilstudie im Projekt "Das Internet als Rezeptions- und Präsentationsplattform für Jugendliche" im Auftrag der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM). München: JFF - Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis.

Die Kurz- und Langfassung der Studie steht unter www.blm.de oder unter www.jff.de/studie_online-konflikte zum Download zur Verfügung.

Diese Informationen finden Sie auch im Internet unter: www.blm.de

Pressekontakt:

Bettina Pregel, Tel. (089) 63808-318, bettina.pregel@blm.de

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