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WAZ: Der Wandel in der Familienpolitik: Wir und die Mittelmeerländer - Kommentar von Birgitta Stauber-Klein

Essen (ots)

Der Wunsch der Frauen, mit einem oder mehreren
Kindern berufstätig zu bleiben, kann teuer werden in Deutschland: Das
Ehegattensplitting minimiert den Einkommenszuwachs eines zweiten 
Gehaltes auf eine bedeutungslose Größe. Hinzu kommen die hohen 
Betreuungskosten für kleine Kinder, weil Krippenplätze fehlen.
Dann lieber kein Kind. Oder höchstens eines: So denken nicht nur 
die Deutschen, sondern auch die Griechen, Italiener und Spanier - 
allesamt Schlusslichter im Ranking um die höchste Geburtenrate: Wir 
und die Mittelmeerländer bekommen nur noch zwischen 1,28 und 1,4 
Kinder pro Frau im gebärfähigen Alter. Wir und die Mittelmeerländer 
haben keine flächendeckende öffentliche Ganztagsbetreuung. Wir 
zahlten bislang - wie die Mittelmeerländer - keinen Lohnersatz nach 
dem Modell der Skandinavier. Die haben Geburtenraten zwischen 1,8 und
2,5 (Finnland).
In drei Tagen aber wird Deutschland aus der Gruppe der 
Mittelmeerländer ausscheren: Ab dann bekommen frisch gebackene Mütter
(oder Väter) 12 bzw. 14 Monate Elterngeld als Lohnersatz. Die Idee: 
Der finanzielle Einbruch soll so vermieden werden, denn nach einem 
Jahr könnten Kinder in Krippen betreut werden und die Eltern wieder 
arbeiten. Weshalb der Ausbau der Betreuung derzeit auch auf der 
politischen Tagesordnung oben steht.
In drei Tagen rücken wir also in die Gruppe der Skandinavier 
auf; das ist ein deutlicher Richtungswechsel in der Familienpolitik. 
Ob wir bei der Geburtenrate nachziehen, wird sich frühestens in 
einigen Jahren zeigen, wenn Elterngeld und Krippenbetreuung etabliert
sind und sich idea-lerweise auch der wirtschaftliche Aufschwung 
verfestigt hat - weil die Lust auf Kinder steigt, wenn die Zukunft 
sicher ist.
Und nun, die Kinder. Die haben in Dänemark oder Island zwar 
arbeitende Mütter, aber keine "Rabenmütter". Sie sind auch keine 
"Schlüsselkinder". Diese deutschen Begriffe lassen sich nicht in 
andere Sprachen übersetzen. Wenn sie in Deutschland den Weg in die 
Schublade "historische Sprache" finden, dann haben Kinder hier zu 
Lande endlich die Chance, unabhängig von der Berufstätigkeit der 
Mutter nicht nur glücklich zu sein, sondern auch als glücklich 
anerkannt zu werden.
Auch das haben Wissenschaftler herausgefunden: Eltern sind 
glücklicher, wenn sich beide - partnerschaftlich - um Job und Familie
kümmern. Und Kinder sind glücklich, wenn die Eltern es sind.

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Rückfragen bitte an:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Telefon: (0201) 804-8975
zentralredaktion@waz.de

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