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WAZ: Ausland für Fachleute attraktiver - Abstimmung mit den Füßen - Leitartikel von Andreas Abs

Essen (ots)

Deutschland wird nicht gemocht. Jedenfalls von einem
Teil der Elite. Man mag es auf Geldgier schieben, wenn zahlreiche 
Fach- und Führungskräfte das Land verlassen. Damit aber wird man der 
Sache nicht gerecht. Es geht auch um Freiheit, berufliche 
Perspektiven und Optimismus. Dies gilt besonders für Wissenschaftler.
Sie erhalten im Ausland nicht nur mehr Gehalt. Sie finden vor allem 
in den USA ein anregenderes Umfeld. Die Anbindung an Kollegen und 
Unternehmen, die die Forschung finanzieren und in Produkte ummünzen, 
ist enger.
Auch die über Jahrzehnte ausgebaute deutsche Bürokratie spielt 
eine Rolle; gerade bei Medizinern, die viel Zeit mit Formularen 
verbringen. Dies treibt deutsche Ärzte in Scharen in die Schweiz und 
nach Großbritannien. Bei der Universitäts-Lehre ist für Deutschland 
das schlechte Zahlenverhältnis zwischen (vielen) Studenten und 
(wenigen) Professoren von Nachteil. Allerdings holt Deutschland hier 
auf. Durch die Benennung von Exzellenz-Hochschulen und die 
zusätzlichen Mittel des Staates für sie beginnen sich die Bedingungen
für Spitzenforscher deutlich zu verbessern.
Schlechter sieht es für Fachkräfte in der Wirtschaft aus. Gerade 
im Gehaltsmittelfeld bestrafen Steuern und Abgaben Leistung. 
Besonders im Vergleich zur Schweiz reizt das deutsche Abgabensystem 
zur Abstimmung mit den Füßen, weil der Staat einen großen Teil des 
Einkommens der freien Verfügung des Arbeitnehmers entzieht und statt 
dessen Versicherungsgutscheine aushändigt, deren Wert (gerade bei der
Rente) sehr zweifelhaft ist. Auch die Einkommenssteuer, die schon bei
52 000 Euro die Höchstbelastung von 42 Prozent bringt, bremst 
Vaterlandsliebe schnell aus, wenn man in Zürich oder Genf vielleicht 
nur 25 Prozent Einkommensteuer zahlt. Das ist auch eine Frage 
persönlicher Freiheit.
Man kann sich nun lange damit aufhalten, von den Auswanderern 
dennoch mehr Patriotismus einzufordern. Gescheiter wäre es, wenn die 
Politik mit Pragmatismus auf die Motive der Auswanderer schaute und 
sich an die Arbeit machte, die ja ohnehin ansteht. Nötig ist eine 
Steuerreform, die das Steuerrecht einfacher macht und die Belastung 
senkt. Nötig ist eine behutsame, konsequente Fortschreibung der 
Reform der Sozialversicherungen.
Es gibt bereits einen Mangel an Fachkräften. Die Politik sollte 
nicht warten, bis wieder Inder eingeladen werden müssen, um die 
Lücken auszufüllen. Und auch das noch: Wie wäre es, wenn die Politik 
mal wieder Optimismus versprühen würde?

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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