All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: NPD-Erfolge bei Wahl in Sachsen - Den Frust bekämpfen - Leitartikel von Ulf Meinke

Essen (ots)

Beinahe sah es so aus, als würde sich die NPD selbst
erledigen. Doch auch die zahlreichen Affären und Personalquerelen 
konnten nicht verhindern, dass die rechtsextreme Partei bei den 
sächsischen Kommunalwahlen landesweit 5,1 Prozent der Stimmen holte. 
Besonders erschreckend ist die Tatsache, dass die NPD in manchen 
Gemeinden sogar die etablierten Parteien CDU und SPD hinter sich 
ließ.
Das Örtchen Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz 
erlangte traurige Berühmtheit: Hier wählte sogar jeder Vierte die 
Rechten. Wie konnte das passieren? Lassen sich solche Zahlen allein 
mit dem weit verbreiteten Frust über steigende Benzinpreise oder 
einer diffusen Angst vor Kriminalität erklären? Haben die 
Volksparteien etwa mancherorts kapituliert?
Es gibt viele Gründe für das Besorgnis erregende Abschneiden der 
NPD. Beispielsweise profitierten die kleineren Parteien auch von der 
schwachen Wahlbeteiligung. Mehr als jeder zweite Wahlberechtigte 
verzichtete freiwillig auf sein elementarstes bürgerliches Recht. 
Dabei ging es doch um die Wahl von Kreistagen, Landräten und 
Bürgermeistern, also um die Politik vor Ort - nicht das als fern 
empfundene Geschehen in Brüssel oder Berlin. Das Phänomen 
Wahl-Verzicht sollte Demokraten ebenso umtreiben wie Stimmenzuwächse 
für Parteien an den politischen Rändern.
Einer Allensbach-Umfrage zufolge hat die Mehrheit der Deutschen 
mittlerweile ihren Glauben an die soziale Marktwirtschaft verloren. 
Nur noch 31 Prozent haben demnach "eine gute Meinung" von der 
deutschen Wirtschaftsordnung, "keine gute Meinung" haben 38 Prozent. 
Die Gefahr der Spaltung dieser Gesellschaft in Arm und Reich, Oben 
und Unten, Ost und West, Gebildet oder Ungebildet, sie scheint also 
zu wachsen. Dabei hatte Ludwig Erhard, der Pionier der sozialen 
Marktwirtschaft, doch "Wohlstand für alle" versprochen.
Dafür zu sorgen, dass der Aufschwung tatsächlich bei den Menschen
ankommt, so lautet eines der wirksamsten Mittel gegen Bürgerfrust und
daraus resultierende Protestwahlen. Den Menschen die Hoffnung auf 
Teilhabe und gesellschaftlichen Aufstieg zu geben, das ist auch eine 
politische Antwort auf die leidige Diskussion über ein erneutes 
NPD-Verbotsverfahren. Protestparteien bekämpft man, indem man ihnen 
durch eine nachhaltige und seriöse Politik das Protestpotenzial 
nimmt. Dies - und eine ordentliche Portion Zivilcourage - möchte man 
auch den Menschen im Örtchen Reinhardtsdorf-Schöna wünschen.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 09.06.2008 – 19:31

    WAZ: Unternehmen wollen einstellen - Weiche Wirklichkeit - Leitartikel von Stefan Schulte

    Essen (ots) - Explodierender Ölpreis, schwacher Dollar, Finanzmarktkrise, Lebensmittelknappheit - die globalen Märkte produzieren eine schlechte Nachricht nach der andern. Und weil sich Wirtschaftsforscher an diesen Nachrichten orientieren, wurden ihre Prognosen immer pessimistischer. In der Theorie hatte die drohende Rezession in den USA längst den Atlantik ...

  • 09.06.2008 – 19:30

    WAZ: Kompromiss mit Koalitionszoff - Kommentar von Thomas Wels

    Essen (ots) - Aus pragmatischer Sicht geht der Beschluss des RAG-Aufsichtsrates in Ordnung. Das Kohle-Unternehmen erhält die Chance, im bisherigen Finanzrahmen das vorzeitige Aus der Zeche Saar leichter auszugleichen. Im Gegenzug stellt es den umstrittenen und mit Bergschäden noch und nöcher verbundenen Abbau in Annaberg zwei Jahre früher ein. Die ...

  • 09.06.2008 – 19:28

    WAZ: Sommer zieht Notbremse - Kommentar von Christoph Meinerz

    Essen (ots) - Sie hat die Notbremse gezogen. Aber so spät, dass sie damit die Klagen über mangelhaftes Krisenmanagement beim Zentralabitur nicht abrupt stoppen kann. Dafür hat der Protestzug viel zu viel Fahrt aufnehmen können. Seit Wochen ist unverkennbar, dass Fehler gemacht wurden. Zu lange hat NRW-Schulministerin Barbara Sommer versucht, sie zu verharmlosen, sie wegzureden. Damit hat sie nur noch mehr ...