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WAZ: Wohin geht die SPD? - Beck zwischen Berlin und Basis - Leitartikel von Angela Gareis

Essen (ots)

Kurt Beck will die SPD weiterhin führen,  aber die
Frage wird sein: Wohin? Zunächst einmal aus der Krise heraus, in die 
er seine Partei selbst hineingeführt hat, indem er erst einsam ein 
Verbot für Kooperationen mit den Linken im Westen verhängte, um es 
dann einsam und zur Unzeit wieder zurückzuziehen.
Wer den Auftritt des Vorsitzenden am Montag verfolgte, konnte den
Eindruck gewinnen, dass die SPD sich in zwei Welten bewegt, und das 
tut sie auch wirklich. Beck beharrt darauf, dass sein Vorgehen von 
einem "Galopp in den Abläufen" einmal abgesehen ein notwendiges 
Ergebnis herbeigeführt habe. Er scheint nicht zu sehen, dass er die 
Notwendigkeit für dieses "notwendige Ergebnis" selbst geschaffen hat.
Das ist ein Problem für die regierungstätigen Sozialdemokraten, 
die sich fragen müssen, wie die Wahrnehmung ihres Chefs künftig mit 
ihrer eigenen Wahrnehmung in Einklang zu bringen sein wird. Von 
Berlin aus betrachtet hat Becks Autorität stark gelitten. Von der 
Basis aus betrachtet hat Beck zwar ein paar peinliche Verrenkungen 
vorgeführt, sich aber wie zuvor schon beim Arbeitslosengeld I selbst 
korrigiert und deutlicher links positioniert. Daraus kann sich eine 
für die Partei verhängnisvolle Konstellation ergeben. Die früheren 
Vorsitzenden Franz Müntefering und Matthias Platzeck hatten vor allem
das Ziel, ihre oppositionsverliebte Partei mit dem schmerzhaften 
Regieren zu versöhnen. Beck aber bezieht seine Macht zunehmend direkt
von der Basis, und er benötigt sie, um sich gegen seine 
Stellvertreter Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück zu 
behaupten.
Gemeinhin wird angenommen, dass Beck nur deshalb im Vorsitz 
geschützt sei, weil es keine Alternative mehr gebe. Das stimmt nur 
noch bedingt. Mehr und mehr stimmt, dass man keine Mehrheit gegen den
Mann aufbieten kann, der sich aus Sicht der Basis von Gerhard 
Schröders Agenda 2010 verabschiedet. Beck läuft Gefahr, sich 
erpressbar zu machen und der Basis aus Gründen des Machterhalts zu 
folgen, statt sie zu führen.
Wenn die auf Berlin und Mainz verteilte SPD-Führung in 
unterschiedliche Richtungen strebt, wird die Partei ihre größte 
Herausforderung nicht bewältigen, die schlicht formuliert darin 
besteht, Herz und Verstand zu vereinigen: wirtschaftliche Kompetenz 
und soziales Denken in Regierungshandeln umzusetzen. Beck wird 
Zeichen dafür setzen müssen, dass er sich seiner Verantwortung 
bewusst ist. Der Verzicht auf die Kanzlerkandidatur wäre ein Zeichen.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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