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WAZ: Aus für Bochum - Der finnische Subventions-Vagabund - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Und wieder zeigt die Marktwirtschaft ihre
hässlich-brutale Fratze. Das Vorgehen des finnischen Nokia-Konzerns 
bei der Schließung des Standorts Bochum erinnert fatal an den Fall 
Siemens/BenQ, wo sich Manager alle Mühe gegeben haben, den 
Betroffenen das Gefühl zu vermitteln, sie seien bloß Bauern auf dem 
Schachbrett der Globalisierung.
Gewiss, betriebswirtschaftliche Entscheidungen sind oft hart. 
Gleichwohl ist diese Nacht-und-Nebel-Schließaktion in ihrer 
kühlstkalkulierenden Art und Weise zu verurteilen. So kann sich nur 
ein Konzern verhalten, der die Zelte im Lande D abbricht und sich 
seiner Marktmacht so bewusst ist, dass er Kundenbeziehungen für ewig 
hält. Noch gestern Nachmittag waren nicht alle Mitarbeiter über den 
drohenden Verlust ihres Arbeitsplatzes informiert. So schafft man 
kein Vertrauen in ein Unternehmen, geschweige denn in die 
Marktwirtschaft.
Apropos Marktwirtschaft. Der schale Beigeschmack, den Nokia 
hinterlässt, hat mit Marktwirtschaft vergleichsweise wenig zu tun: 
Mit 60 Millionen Euro hat sich der Steuerzahler an Rhein und Ruhr an 
dem Bochumer Werk beteiligt, der Bund legte nochmal 28 Millionen 
drauf - ein Viertel der Gesamtkosten des Werkes. Kaum ist die 
fünfjährige Frist für das Verlagerungsverbot abgelaufen, ziehen die 
Subventions-Vagabunden weiter gen Osteuropa. Und die 
Nokia-Verantwortlichen haben noch die Dreistigkeit, den Standort zu 
bemängeln.
Das EU-Förderregime ist, wie es ist. Gut ist es nicht, und die 
allzu leichtfertige Vergabe von Beihilfen treibt Staaten in eine 
unselige Abhängigkeit. Verantwortliche Unternehmensentscheidungen 
fielen anders aus, wenn zumindest Standortverlagerungen über einen 
längeren Zeitraum ausgeschlossen wären als die lächerlichen fünf 
Jahre, die heute gelten. BenQ Mobile kassierte ebenfalls Steuergeld 
vom Land.
Wahr bleibt auch: Der Kostendruck bei vergleichsweise einfachen 
Tätigkeiten ist enorm. Hier liegen die größten Herausforderungen für 
Politik, Gewerkschaften und verantwortlich agierende Unternehmen. 
Opel, wie Nokia in Bochum ein Hoffnungsschimmer auf dem Weg durch den
Strukturwandel, hatte 2004 seine Krise. Können Unternehmen in 
Deutschland noch Autos in Massenfertigung produzieren?, lautete die 
besorgte Frage. Sie können. Bei Opel waren harte Einschnitte nötig, 
jetzt aber ist das Bochumer Werk einigermaßen stabil. Der Fall Nokia 
zeigt mitten in der Aufschwungseligkeit: Deutschland muss nach wie 
vor hart an sich arbeiten.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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