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"Berliner Morgenpost": Ein Fehlstart - Leitartikel von Joachim Fahrun zur Wahl von Kai Wegner zum Regierenden Bürgermeister

Berlin (ots)

Kurzform: Was für ein Fehlstart in eine große Koalition. Berlin soll wieder funktionieren. So lautete das zentrale Wahlkampfversprechen der CDU. Die SPD hatte sich dem angeschlossen. Nach dem Wahldebakel am Donnerstag im Abgeordnetenhaus muss man leider feststellen: So wird Berlin jedenfalls nicht funktionieren. Von Vernunft, von Verantwortung für Berlin - kann keine Rede sein. Die Republik fasst sich wieder einmal an den Kopf, was da in ihrer Hauptstadt los ist. Erst kann Berlin keine Wahlen organisieren. Und dann vermasseln Berlins Politiker im Parlament auch noch die Kür eines klaren Wahlsiegers zum Regierenden Bürgermeister. Peinlich ist auch, dass es vor dem dritten Wahlgang noch rechtliche Unklarheiten darüber gab, welche Mehrheit es denn sein muss.

Der vollständige Leitartikel: Was für ein Fehlstart in eine große Koalition. Berlin soll wieder funktionieren. So lautete das zentrale Wahlkampfversprechen der CDU. Die SPD hatte sich dem angeschlossen. Eine Koalition der Vernunft sollte es werden. Nach dem Wahldebakel am Donnerstag im Abgeordnetenhaus muss man leider feststellen: So wird Berlin jedenfalls nicht funktionieren. Von Vernunft, von Verantwortung für Berlin - kann keine Rede sein.

Jede Menge Heckenschützen gegen den Christdemokraten Kai Wegner, drei Versuche bis zur Wahl des Regierenden Bürgermeisters, jede Menge gegenseitiger Schuldzuweisungen zwischen den künftigen Koalitionsfraktionen von SPD und CDU und zudem noch der Makel, dass es womöglich Stimmen der rechten AfD waren, die Wegner mangels eigener Mehrheit endlich ins Rote Rathaus hievten. Schlimmer hätte es kaum kommen können für Wegner, aber auch für Franziska Giffey und den für die Disziplin seiner Fraktion zuständigen SPD-Vorsitzenden Raed Saleh. An Wegner hängt jetzt der Ballast, der einzige Regierende Bürgermeister zu sein, der es nicht wenigstens wie Klaus Wowereit (SPD) im Jahr 2006 im zweiten Wahlgang ins Amt schaffte.

Die Republik fasst sich wieder einmal an den Kopf, was da in ihrer Hauptstadt los ist. Erst kann Berlin keine Wahlen organisieren. Und dann vermasseln Berlins Politiker im Parlament auch noch die Kür eines klaren Wahlsiegers zum Regierenden Bürgermeister. Peinlich ist auch, dass es vor dem dritten Wahlgang noch rechtliche Unklarheiten darüber gab, welche Mehrheit es denn sein muss.

Ohne dass man das jemals genau wissen wird, ist davon auszugehen, dass Nein-Stimmen - zumindest im ersten Wahlgang - aus beiden Fraktionen kamen. Bei der SPD war das zu erwarten. Dass aber mit 15 von 34 Sozialdemokraten fast die Hälfte der Abgeordneten im ersten Versuch gegen Wegner stimmte, ist kaum denkbar. Man kennt die Gegner einer großen Koalition aus den wochenlangen Debatten, die den schließlich knapp mit 54 Prozent für Schwarz-Rot ausgegangenen Mitgliederentscheid am vergangenen Sonntag begleiteten. Für Giffey und Saleh und für Berlin ist es ein schlimmes Zeichen. Einige SPD-Parlamentarier sind offenbar gewillt, sich noch nicht einmal an das so hoch gehaltene Mitgliedervotum zu halten.

Die Sozialdemokraten gehen aber mit einer gewissen Plausibilität davon aus, dass auch nicht alle CDU-Kollegen für Wegner stimmten. Vielleicht gab es doch eine Enttäuschung, dass der Parteichef bei der Senatsbildung nicht auf die Fraktion zurückgriff. Man wird es nicht erfahren. Die Wahl ist und bleibt geheim.

Das ohnehin aus historischen Gründen erhebliche Misstrauen zwischen CDU und SPD ist nach dem Wahldrama jedenfalls noch einmal gewachsen. Die neuen Senatoren und Staatssekretäre, die das Treiben im Plenum fassungslos verfolgten, mögen sich schon gefragt haben, ob es eine gute Idee war, für einen Posten im Regierungskabinett einer derart chaotischen Landespolitik andere Jobs aufgegeben zu haben.

Für Berlin verheißt das nichts Gutes. Mit der versprochenen pragmatischen, vernünftigen Politik, mit der Kai Wegner das Vertrauen der Menschen in die Demokratie und die Parteien insgesamt wiedergewinnen möchte, hatte das Treiben im Abgeordnetenhaus jedenfalls nichts zu tun. Nun kommt es darauf an, dass der Senat arbeitet. Berlin hat große Probleme. Die Menschen wollen zu Recht, dass sie angegangen werden.

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