Bundesgeschäftsstelle Landesbausparkassen (LBS)
Ein ganz besonderer Ort
Immer wieder müssen Gerichte zum Thema Kinderzimmer entscheiden
Berlin (ots)
Es gehört nicht wie die Küche, das Schlafzimmer und der Wohnbereich zwingend zu jeder Wohnung, aber es ist in vielen Haushalten trotzdem einer der wichtigsten Räume: das Kinderzimmer. Meist hat es eine wechselvolle Geschichte. Es beherbergt erst Babys und Kleinkinder, dann Jugendliche und junge Erwachsene, ehe es schließlich irgendwann zum Hobbyraum für die Eltern wird.
Gelegentlich müssen sich auch Zivilgerichte mit dem Kinderzimmer auseinandersetzen - sei es nun aus steuerlicher, aus baurechtlicher oder aus mietrechtlicher Sicht. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe zehn Urteile unterschiedlicher Gerichtszweige zu diesem Themenkreis gesammelt.
Kinder brauchen, je älter sie werden, umso mehr Platz. Deswegen durchbrachen Mieter mit Zustimmung des Eigentümers die Decke vom Kinderzimmer zum Dachboden, um zusätzlichen Wohnraum zu schaffen. Als es um den Auszug ging, stritten sich allerdings beide Parteien vor dem Landgericht Kleve (Aktenzeichen 6 S 149/12) darum, wer für den Rückbau verantwortlich sei. Der verschlang immerhin nach Ansicht eines Sachverständigen deutlich über 5.000 Euro. Die zuständige Zivilkammer entschied, das müsse der ehemalige Mieter begleichen, denn die Zustimmung zum Durchbruch habe noch nicht bedeutet, dass der Eigentümer auch für den Rückbau aufkommen müsse.
In einem Grundsatzurteil befasste sich das Bundesverwaltungsgericht (Aktenzeichen 9 C 13.07) mit den sogenannten "Kinderzimmerfällen". Es ging um Studenten, die bei ihren Eltern wohnen, aber am Studienort eine Zweitwohnung unterhalten. Prinzipiell, so die Richter, könne von diesen Studierenden eine Zweitwohnungssteuer verlangt werden. Das Bundesrecht verbiete dies nicht von vorneherein. Vielmehr komme es auf die Rechts- und Verordnungslage in den jeweils betroffenen Bundesländern und Städten an.
Nicht nur Kinder, wenn auch diese ganz besonders, können durch Geräusche aus der darüber liegenden Wohnung gestört werden. So ist es unter Umständen ziemlich laut, wenn Frauen mit hochhackigen Schuhen auf Parkett- oder Laminatböden herumlaufen. Das Landgericht Hamburg (Aktenzeichen 316 S 14/09) untersagte dies einer Mieterin. Es sei im Sinne eines gedeihlichen nachbarlichen Zusammenlebens "zumutbar, derartige Schuhe an der Wohnungseingangstür auszuziehen".
Befindet sich in einer Mietwohnung - unter anderem im Kinderzimmer - ein Teppichboden und muss dieser wegen starker Abnutzung ausgetauscht werden, so darf die Vermieterin unter Umständen auch gegen den Willen der Mieter statt dessen einen Laminatboden verlegen lassen. So entschied das Amtsgericht Stuttgart (Aktenzeichen 34 C 3588/14) in einem konkreten Fall. Auch ein Laminatbelag ermögliche "einen Gebrauch der Wohnung in gewohntem Umfang". Die Veränderung der Mietsache sei nicht "wesentlich" im Sinne des Gesetzes
Raum für Kinder, so nötig er auch sein sollte, darf aus baurechtlichen Gründen nicht überall geschaffen werden. Ein Hausbesitzer plante einen Einbau von zwei Kinderzimmern über einer grenznahen Doppelgarage. Die Räume wären mit dem Hauptgebäude verbunden gewesen. Doch das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen 8 K 13.922) vereitelte dieses Vorhaben. Das "Garagenprivileg", das solche Ausbauten unter Umständen ermögliche, gelte nur für Räume, die der Garage funktionell zugeordnet seien, nicht aber für Wohnräume.
Und wie sieht es aus, wenn jemand in seiner Wohnung gleich bis zu fünf fremden Kindern Platz bietet - schlicht deswegen, weil er diese tagsüber gegen Bezahlung von 7 bis 19 Uhr betreut? Über diesen Fall einer Tagesmutter musste der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen V ZR 204/11) entscheiden. Sie erteilten der Tagesmutter eine Abfuhr. Zweckbestimmung von Räumen als Wohnung sei es, der Lebensmittelpunkt zu sein. Selbstverständlich auch mit eigenen Kindern oder deren Freunden, die sich zeitweise hier aufhielten. Eine Pflege- und Betreuungsstelle für Kinder von Dritten zähle aber nicht dazu.
Wenn ein älteres "Kind" noch zu Hause wohnt, aber an einer weiter entfernten Universität studiert, dann können die Ausgaben für die Unterkunft am Studienort und für die Fahrten dorthin unter Umständen als Werbungskosten geltend gemacht werden. Allerdings ist es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs (Aktenzeichen VI R 78/10) entscheidend, dass der "Heimathafen" bei den Eltern tatsächlich der Lebensmittelpunkt bleibt und regelmäßig aufgesucht wird. Letztlich kommt es nach Überzeugung des BFH auf eine "Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls" an.
Mit dem Kinderzimmer ist es eines Tages nicht mehr getan. So war es bei einem 22-jährigen jungen Mann, der studieren und mit seinem Freund zusammenziehen wollte. Wegen des beengten Platzes im Kinderzimmer gab es immer wieder Streit. Die Eltern kündigten ihren Mietern einer 125 Quadratmeter großen Wohnung, um Platz für den Sohn und dessen Lebensgefährten zu schaffen. Die Betroffenen akzeptierten die Kündigung nicht. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen VIII ZR 166/14) stellte fest, es gebe keine Richtwerte dafür, ab welcher Wohnungsgröße man von einem weit überhöhten Wohnbedarf sprechen müsse und die Eigenbedarfskündigung nicht gelten lassen könne. Den Eigentümern müsse hier ein Spielraum gelassen werden.
Kinder wollen ein anderes Umfeld als Erwachsene haben. Deswegen werden Kinderzimmerwände oft etwas bunter und fantasiereicher gestaltet - zum Beispiel mit einer Sternchentapete. Dafür hatten sich Mieter in Frankfurt entschieden. Nach ihrem Auszug forderte der Eigentümer die Entfernung dieser Tapete. Das Landgericht Frankfurt (Aktenzeichen 2-11 S 125/06) war nicht dieser Meinung. Das Kinderzimmer sei in einer üblichen Art dekoriert und entspreche dem durchschnittlichen Geschmack. Die Sternchentapete müsse nicht entfernt werden.
Schimmelpilz macht ein Kinderzimmer quasi unbewohnbar, denn wer wollte seinen Nachwuchs schon weiter dort wohnen und schlafen lassen. Wenn zusätzlich auch noch eine große Zahl von Kugelkäfern in derselben Wohnung auftaucht, dann ist eine erhebliche Mietminderung möglich. Das Amtsgericht Trier (Aktenzeichen 8 C 53/08) kam nach der Beweiswürdigung zu dem Ergebnis, dass das Leben in der Wohnung wegen der doppelten Belästigung äußerst unangenehm geworden sei und hielt eine 50prozentige Mietminderung für angemessen.
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