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Senat fordert: Land muss Unterfinanzierung der Universitäten beenden

Senat fordert: Land muss Unterfinanzierung der Universitäten beenden

Der Senat der Universität Mannheim nimmt Stellung zu den Verhandlungen und Kernpunkten des neuen Hochschulfinanzierungsvertrages II

Pro Studentin und Student erhalten die Universitäten inflationsbereinigt heute 33 Prozent - oder 3.540 Euro - weniger vom Land als noch zur Jahrtausendwende. Das Geld fehlt in bei der Ausbildung künftiger Fachkräfte, in der Forschung genauso wie in der Infrastruktur und bei der Bewältigung vielfältiger neuer Aufgaben, die den Universitäten in den vergangenen Jahren vom Land auferlegt wurden. Vor dem Hintergrund der Verhandlungen zum Hochschulfinanzierungsvertrag 2021 appelliert der Senat der Universität Mannheim jetzt in einer Stellungnahme an das Land Baden-Württemberg, das anhaltende strukturelle Finanzdefizit abzubauen.

Damit die Universitäten auch weiterhin ihren Forschungs- und Bildungsauftrag erfüllen können, müsse ein neuer Hochschulfinanzierungsvertrag strukturelle Fehlentwicklungen des ersten Hochschulfinanzierungsvertrages korrigieren und die in den letzten Jahren entstandenen finanziellen Nachteile des Universitätshaushaltes durch fehlenden Inflationsausgleich, zusätzliche Aufgaben oder steigende Miet- und Gebäudebewirtschaftungskosten ausgleichen, heißt es in der Stellungnahme.

"Ich bin froh, dass der Senat die Stellungnahme einstimmig beschlossen hat. Das zeigt, dass die ganze Universität geschlossen hinter den Forderungen steht. Damit wird deutlich, dass wir auch künftig unseren Aufgaben in Forschung und Lehre bestmöglich gerecht werden wollen, wenn das Land eine angemessene Ausstattung der Universität sichert ", sagt der Rektor der Universität, Prof. Dr. Thomas Puhl.

Als wichtigste Forderungen listet die Stellungnahme:

- Übertragung aller Zweitmittel in den universitären Grundhaushalt zum 
  Jahresende 2020 - denn erst nach einer Verstetigung der noch nicht 
  umgewandelten Mittel aus den Studienplatz-Ausbauprogrammen kann die 
  Universität Mannheim an einem bereits 2015 im Hochschulfinanzierungsvertrag I 
  vereinbarten 3-prozentigen Zuwachs der Grundfinanzierung teilhaben. 
- Fortführung des jährlichen 3-prozentigen Zuwachses der universitären 
  Grundfinanzierung - um regelmäßige Kostensteigerungen, beispielsweise durch 
  Inflation und Tarifsteigerungen auszugleichen. 
- Erhöhung der Grundausstattung der Universität um 1.000 Euro pro Studentin und 
  Student - damit sich die bestehende Kluft zwischen Budget und Bedarf nicht 
  weiter vergrößert. 
- Transparente und ungeschmälerte Weitergabe der Mittel aus dem Zukunftsvertrag 
  an die Universitäten nach den vom Bund festgelegten Kriterien - damit diese 
  Mittel zur Sicherung der Lehre und der Lehrinfrastruktur effektiv eingesetzt 
  werden können.

"Es ist an der Zeit, der Tatsache der jahrzehntelangen Unterfinanzierung und der Zuweisung vielfältiger neuer Aufgaben ohne Ausgleich durch entsprechende neue Ressourcen ins Auge zu sehen", so der Senat der Universität Mannheim in seiner Stellungnahme. "Die Universitäten müssen wieder in die Lage versetzt werden, ihrem Auftrag gemäß die jetzige und die kommenden Generationen von Studierenden so zu qualifizieren, dass sie den immer rascher wechselnden Anforderungen unserer modernen Gesellschaft gewachsen sind."

Im Folgenden finden Sie den kompletten Text der Stellungnahme:

Erklärung des Senats der Universität Mannheim zu den Kernpunkten des neuen Hochschulfinanzierungsvertrages II

Die Universität Mannheim ist eine national und international hoch renommierte Profiluniversität mit ihren Schwerpunkten in den Bereichen Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Als Forschungsuniversität sichert sie die Innovationsfähigkeit, welche die Grundlage nachhaltigen Wachstums unseres Landes bildet. Entsprechend ihrem Leitbild werden an der Universität Führungskräfte ausgebildet, die in Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft Verantwortung übernehmen. Dadurch entsteht den Bürgerinnen und Bürgern ein ganz konkreter Mehrwert. Jedes Jahr nimmt die Universität rund 4.000 junge Menschen als neue Studierende auf. Die Vermittlung von wissenschaftlich erarbeitetem Spezialwissen bringt hoch qualifizierte Absolventinnen und Absolventen hervor, die zum Beispiel durch die Gründung zahlreicher Startup-Unternehmen neue Arbeitsplätze schaffen und Beschäftigung und Wohlstand sichern - in der Region und darüber hinaus. Die Universität will den ihr vom Land Baden-Württemberg erteilten Auftrag zur Schaffung neuer Erkenntnisse durch Forschung und zur Vermittlung dieses Wissens an die junge Generation durch die bestmögliche Lehre jetzt und in Zukunft erfolgreich gestalten und umsetzen.

Dafür braucht die Universität Mannheim die entsprechenden Rahmenbedingungen, für die das Land Baden-Württemberg verantwortlich ist. Zwischen dem Land und den Universitäten wird zurzeit ein neuer Hochschulfinanzierungsvertrag (HoFV) ausgehandelt, der den Hochschulen für einen Zeitraum von fünf Jahren finanzielle Planungssicherheit verschaffen soll. Die Universität Mannheim begrüßt den beabsichtigten Abschluss eines solchen "Hochschulfinanzierungsvertrages II". Er muss Forschung und Lehre sichern, strukturelle Fehlentwicklungen des ersten Hochschulfinanzierungsvertrages abstellen und die in den letzten Jahren entstandenen finanziellen Nachteile des Universitätshaushaltes durch fehlenden Inflationsausgleich, zusätzliche nicht abgegoltene Aufgaben (z.B. Datenschutz, Gleichstellung, Weiterbildung, Internationalisierung, Informationssicherheit und Digitalisierung) oder steigende Miet- und Gebäudebewirtschaftungskosten ausgleichen.

Die Universität Mannheim hat folgenden Anspruch an den Inhalt eines neuen Hochschulfinanzierungsvertrages:

1. Übertragung aller Zweitmittel in den universitären Grundhaushalt zum 
   Jahresende 2020 Um an einem realen Haushaltswachstum der universitären 
   Grundfinanzierung im Umfang von jährlich 3% teilhaben zu können, muss vorab 
   eine Verstetigung der noch nicht umgewandelten Programmmittel aus den 
   Ausbauprogrammen Hochschule 2012 und Master 2016 erfolgen. Damit wird ein 
   Fehler behoben, der im Zuge des Hochschulfinanzierungsvertrages I die 
   Universität Mannheim unverhältnismäßig stark betroffen hat. Die Universität 
   Mannheim hat ihre gesellschaftliche Verantwortung in besonderem Maße 
   wahrgenommen und auf Wunsch des Landes Studienanfängerplätze in stark 
   nachgefragten Fächern ausgebaut und besetzt. Der Anteil der entsprechen 
   "Ausbaumittel" an der Gesamtfinanzierung der Universität Mannheim ist deshalb
   weit höher als bei anderen Universitäten; und sie konnten aufgrund der 
   Verrechnungsmechanismen des Hochschulfinanzierungsvertrages I noch nicht 
   komplett in den Grundhaushalt überführt werden. Erst nach der vollständigen 
   Überführung der Ausbaumittel wird die Universität Mannheim jedoch - wie 
   andere Landesuniversitäten auch - an der vereinbarten jährlichen Steigerung 
   der Haushalte teilnehmen können. Zum Auslaufen des 
   Hochschulfinanzierungsvertrages I Ende 2020 schlagen für Mannheim noch immer 
   3,6 Mio. Euro zu Buche, die bislang nicht in den Grundhaushalt übertragen 
   werden konnten.  Auch die auf Empfehlung der Verfassten Studierendenschaft 
   für Verbesserungen in der Lehre zu verwendenden "Qualitätssicherungsmittel"
   sollen im Grundhaushalt verstetigt und dynamisiert werden   
2. Fortführung des jährlichen 3%igen Zuwachses der universitären 
   Grundfinanzierung Nach der notwendigen Überführung der Ausbaubaumittel in den
   Grundhaushalt wird dieser zum Ausgleich regelmäßiger Kostensteigerungen 
   nominell jedes Jahr um 3% verstärkt. Hierbei werden die Besoldungs- und 
   Tarifsteigerungen der in der Grundfinanzierung ausgebrachten Stellen 
   vollständig ausfinanziert. Diese in der Erhöhung der Grundfinanzierung (3% 
   p.a.) enthaltenen pauschalen Personalkostensteigerungen werden zur Hälfte auf
   den 3%igen Zuwachs der Grundfinanzierung angerechnet. Darüberhinausgehende 
   Gehalts- und Besoldungssteigerungen gehen nicht zu Lasten der 
   Universitätshaushalte, sondern werden vom Landeshaushalt übernommen; 
   Personalkostensteigerungen unterhalb dieses Anteils verbleiben dem 
   Landeshaushaushalt. Diese Fortführung des jährlich 3%igen Aufwuchses 
   entspricht der Regelung des Hochschulfinanzierungsvertrages I - allerdings 
   darf die bloße Umwandlung und Verstetigung von Zweitmitteln nicht mehr auf 
   den Aufwuchs angerechnet werden.   
3. Erhöhung der Grundausstattung der Universität um 1.000 Euro Student/in Die 
   Grundhaushalte der Universitäten haben sich, gemessen am Landeszuschuss pro 
   Student/in seit 1998, inflationsbereinigt um 33% verringert; das sind pro 
   Kopf gut 3.500 Euro weniger - obwohl das Steueraufkommen Baden-Württembergs 
   im gleichen Zeitraum (ebenfalls inflationsbereinigt) um 49% gewachsen ist. 
   Die Universität kann die entstandene Finanzierungslücke nicht schließen. Die 
   Studierenden und Fakultäten haben dies z.B. durch die Sparrunden der letzten 
   Jahre oder die Einschränkungen der Öffnungszeiten der Bibliothek und den 
   Wegfall von Tutorien bemerkt. Zwischenzeitlich ist der Universität zusätzlich
   eine Fülle neuer Aufgaben zugewachsen bzw. seitens des Landes zugewiesen 
   worden, ohne dass dafür, wie oben bereits beschrieben, ein adäquater 
   personeller oder sächlicher Ausgleich erfolgte. Wenn die Universität keinen 
   zumindest teilweisen Ausgleich der Auszehrung der letzten Jahrzehnte erhält, 
   werden auch 3%ige Zuwächse ihre Wirkung verfehlen.    
4. Zufluss der Mittel aus dem Zukunftsvertrag an die Universitäten entsprechend 
   der vom Bund festgelegten Kriterien Die Universität erwartet, dass das Land 
   Baden-Württemberg die vom Bund im "Zukunftsvertrag Studium und Lehre Stärken"
   zugesagten Mittel nach den in der Vereinbarung geregelten Kriterien (20% 
   Studienanfängerinnen und -anfänger, 60% Gesamtzahl der Studierenden, 20% 
   Absolventinnen und Absolventen) transparent und ungeschmälert an die 
   Universitäten weitergibt und die im Zukunftsvertrag eingegangene 
   Verpflichtung umsetzt, zusätzliche Mittel mindestens in Höhe der jeweils 
   zugewiesenen Bundesmittel bereitzustellen. Andere Bundesländer haben die 
   vollständige Weitergabe der Bundesmittel bereits für sich beschlossen. Eine 
   abweichende Praxis würde den baden-württembergischen Universitäten einen 
   gravierenden Wettbewerbsnachteil zufügen.  

Im Übrigen ist die bereits im laufenden Hochschulfinanzierungsvertrag avisierte, bislang aber nicht in Angriff genommene Rückkehr zu den verbindlichen Betreuungsrelationen nach der Kapazitätsverordnung (KapVO) dringend notwendig, nachdem in den letzten Jahren Einmaleffekte durch doppelte Abiturjahrgänge oder die Aussetzung der Wehrpflicht mittels Überlasten der Universitäten abzufedern waren. Keinesfalls können die Überlasten, die von den Universitäten in den letzten Jahren in einer Ausnahmesituation temporär geschultert wurden, im neuen HoFV II ohne entsprechend erweiterte Personalressourcen dauerhaft festgeschrieben werden. Im Gegenteil: Das Kapazitätsrecht ist entsprechend den Forderungen des Wissenschaftsrates grundlegend reformbedürftig, muss verbesserte, am aktuellen Bedarf ausgerichtete Betreuungsrelationen festsetzen - und darf auch nicht mehr durch "vertragliche" Sonderkonditionen unterlaufen werden. Nur so können international übliche Ausbildungsmuster wettbewerbsfähig umgesetzt, die individuelle Betreuung zunehmend heterogener Studierender intensiviert, die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden ausgebaut und Abbrecherquoten (ohne Absenkung der Qualitätsanforderungen) verringert werden.

Die Gremien der Universität Mannheim sind sich bewusst, dass gemessen an den dem Land zusätzlich zur Verfügung stehenden Mitteln die Universitäten ab 2021 einen besonderen Anteil fordern. Die Universitäten wollen das Land nicht überfordern, das Land darf aber auch die Universitäten nicht überfordern. Es ist an der Zeit, der Tatsache der jahrzehntelangen Unterfinanzierung und der Zuweisung vielfältiger neuer Aufgaben ohne Ausgleich durch entsprechende neue Ressourcen ins Auge zu sehen. Die Universitäten müssen wieder in die Lage versetzt werden, ihrem Auftrag gemäß die jetzige und die kommenden Generationen von Studierenden so zu qualifizieren, dass sie den immer rascher wechselnden Anforderungen unserer modernen Gesellschaft, gerade auch im Bereich der Digitalisierung, gewachsen sind. Die Universität Mannheim will auch künftig Absolventinnen und Absolventen hervorbringen, die als Führungskräfte die weitere wirtschaftliche, gesellschaftliche und wissenschaftliche Entwicklung des Landes maßgeblich mitgestalten und voranbringen.

Der Senat der Universität Mannheim bittet den Rektor, keinen Hochschulfinanzierungsvertrag II zu unterzeichnen, der nicht im Kern dem Großteil der dargelegten Erwartungen Rechnung trägt.

Weitere Stellungnahmen zum Hochschulfinanzierungsvertrag II:

Stellungnahme der LRK: https://nosciencenofuture.de/unterfinanz.html

Stellungnahme der Landes-ASten-Konferenz: https://lastuve-bawue.de/lak/beschluesse/

Kontakt: 
Dieter Zinser
Leiter Rektoratsbüro
Universität Mannheim
Tel. 0621 181-1002
E-Mail:  zinser@verwaltung.uni-mannheim.de
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