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Börsen-Zeitung: Mittal beißt auf Granit, Kommentar zum Übernahmekampf um Arcelor von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots)

Es ist schon außergewöhnlich, wie Arcelor-Chef
Guy Dollé seinen übernahmewilligen Konkurrenten Mittal in Paris in
aller Öffentlichkeit abgekanzelt hat. Der Vergleich von Mittal mit
schnödem „Eau de Cologne“, während es sich bei Arcelor um „Parfüm“
handele, war da noch eine charmante Frechheit. Es folgte eine Tirade,
die den Stahlriesen als ein löcheriges Netz maroder Ex-
Staatsunternehmen schildert, das von technologischer Rückständigkeit,
ständigen Restrukturierungsbemühungen und konzeptloser Übernahmegier
gekennzeichnet ist. Die schwache Stellung der Minderheitsaktionäre
und der Belegschaftsvertreter bei Mittal stellte Dollé als nicht
vereinbar dar mit der „kulturellen Verwurzelung“ seines eigenen
Unternehmens in Europa.
So verständlich die Empörung des Arcelor-Chefs sein mag, der sich
von der ihm erst am Vorabend angekündigten Offerte persönlich
übergangen fühlt, und sosehr Dollés Argumente einen jeweils richtigen
Kern haben: ein Übergang zu freundlichen Übernahmegesprächen mit
einem verbesserten Konzept und einer aus gutwilliger Einsicht auch
monetär erhöhten Offerte ist damit verbaut. Stattdessen gräbt sich
Arcelor für eine monatelange Abwehrschlacht ein. Welche Artillerie
dabei eingesetzt wird, ist noch nicht entschieden. Den Luxemburgern
mangelt es an einem großen Referenzaktionär, der seine Hand schützend
über das Unternehmen halten könnte. Dass der Branchendritte Nippon
Steel, der auch Arcelors Kooperationspartner bei einzelnen Projekten
ist, als „Weißer Ritter“ auftreten könnte, zeichnet sich bislang
trotz der guten Kontakte noch nicht ab.
Derweil erstaunt der schnelle, kollektive Aufschrei, mit dem
Gewerkschafter und Politiker aus Frankreich und Luxemburg den
Übernahmeversuch zurückweisen. Immerhin bietet der Konzern des
indischen Milliardärs an, einen globalen Marktführer mit Sitz in
Europa – genauer: Luxemburg – zu schmieden. Ein befürchteter Jobabbau
kann kaum der Grund für die Abwehrfront sein. Denn Mittal will
Synergien erklärtermaßen vor allem durch Einkaufsmacht schaffen.
Außerdem hat auch Arcelor in den zwei Jahren bis Anfang 2005 rund
10000 bzw. 10% der Arbeitsplätze abgebaut. Es handelt sich wohl eher
um einen schweren Fall von französischem Wirtschaftspatriotismus.
Immun gegen diese Krankheit sind kühl rechnende Aktionäre.

Rückfragen bitte an:

Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0

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