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Börsen-Zeitung: Allzu hartes Urteil, Kommentar zum Halbjahresbericht der Deutschen Bank von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Das war ein teurer Halbjahresbericht. An der
Börse gab es für die Deutsche Bank eine Klatsche: zeitweise über 4%
Kursabschlag. Zum Schluss hatten sich am Freitag immerhin 0,8 Mrd.
Euro Marktwert in Wohlgefallen aufgelöst (–2,4%). Finanzchef Clemens
Börsig und die Analysten: das werden keine dicken Freunde mehr. Schon
für das nicht nur nach eigener Einschätzung „sehr erfolgreiche“ erste
Quartal war die Bank vom Markt abgestraft worden. Das hat wohl etwas
mit der manchmal etwas kruden Ratio der Börse zu tun, aber auch
damit, dass die Latte von beiden Seiten sehr hoch gelegt worden war –
angesichts des fürs Investment Banking vom Aktienhandel über
Börsengänge bis zum Geschäft mit Wandelanleihen zuletzt sehr harzigen
Umfelds eindeutig zu hoch.
Analysten und Anleger haben die Anfälligkeit auch der Deutschen
für Rückschläge an den Finanzmärkten vermutlich etwas unterschätzt,
deshalb mehr erwartet und reagierten dementsprechend enttäuscht. Die
Bank selbst wiederum hatte mit ihrer beeindruckenden Performance
schon 2003 und dann vor allem in den ersten drei Monaten dieses
Jahres bei Investoren Lust auf mehr geweckt. Zumal Vorstandssprecher
Josef Ackermann – vielleicht etwas vorlaut – im Februar ein
Vorsteuerergebnis von 6,5 Mrd. Euro und eine korrespondierende
Eigenkapitalrendite von 25% als spätestens im nächsten Jahr zu
erreichende Ziele in den Raum stellte. Zumindest was die Prozentzahl
angeht, ist diese Vorgabe zwar noch nicht außer Reichweite. Aber im
Vergleich zum ersten Quartal hat sich der blaue Geldkonzern mit
zuletzt 18% nach 24% von Januar bis März deutlich von seinem RoE-
Ziel entfernt. Und Ackermann selbst vertritt im Zwischenbericht die
Ansicht, „dass die Unsicherheit an den Märkten für absehbare Zeit
anhalten wird“. Das klingt nicht nach schneller Erholung von Geschäft
und Ergebnissen.
So sehr die volatilen Erträge und Resultate der Corporate and
Investment Bank in „Q2“ zu wünschen übrig lassen, vermögen
andererseits die Fortschritte der Abteilung Privatkunden und Asset
Management umso mehr zu überzeugen. Unterm Strich gab es auf
Konzernebene im Vorjahresvergleich Gewinnsprünge – im Halbjahr hat
sich das Nettoergebnis sogar mehr als vervierfacht. Die Kosten sind
unter Kontrolle. Risikovorsorge wird für die Deutsche Bank bei weiter
abgebautem Problemkreditportfolio tendenziell fast schon zu einem
Fremdwort. Derweil haben sich wieder 1,7 Mrd. Euro an unrealisierten
Gewinnen in börsennotierten Industriebeteiligungen angesammelt. Alles
in allem: Löst man sich von übertriebenen Erwartungshaltungen, dann
fällt das von der Börse gesprochene Urteil gegen die Deutsche Bank
allzu hart aus.
ots-Originaltext: Börsen-Zeitung

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