Börsen-Zeitung: Ohne Wendemöglichkeit, Kommentar zur Finanztransaktionssteuer von Detlef Fechtner
Frankfurt (ots)
Würde man die Aussagen einiger Finanzminister nach ihrem jüngsten Treffen ernst nehmen, wäre es nur noch eine Frage von Tagen oder allenfalls Wochen bis zur Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer. Von "bedeutenden, wenn nicht gar entscheidenden Fortschritten" war da die Rede und sogar das Wort vom "Durchbruch" machte die Runde. Schon im Oktober, hieß es, werde eine Vereinbarung erwartet.
Fünf Euro dagegen! Der zur Schau getragene Optimismus entspringt dem Wunschdenken dieser Minister. Denn die Einigung auf eine Transaktionssteuer in den elf Staaten, die sich dieses Ziel vorgenommen haben, ist und bleibt in weiter Ferne.
Es gibt nach wie vor keine Einigung über den Anwendungsbereich - außer der ausgesprochen vagen Verständigung, Finanzprodukte "möglichst weitreichend" zu erfassen. Es mangelt weiterhin an Klarheit darüber, was von der Steuer ausgenommen werden soll - außer der interpretationsbedürftigen Feststellung, dass noch genauer geprüft werden müsse, inwieweit etwa Transaktionen im Zuge von Hedging oder Market Making oder Repos einbezogen werden. "Unsere Fachbeamten sind noch in technischen Gesprächen", heißt es regelmäßig auf Nachfragen - gerade so, als ginge es dabei nur um Petitessen.
Ebenfalls noch nicht wirklich beantwortet ist die Kernfrage, auf Basis welchen Prinzips die Steuer erhoben werden soll. Die Erklärung, man habe sich auf eine "Kombination aus Emittentenprinzip und Residenzprinzip" geeinigt, vernebelt mehr, als dass sie aufklärt. Denn anscheinend ist noch immer offen, wie garantiert werden soll, dass sich der Aufwand für alle beteiligten Länder finanziell lohnt. Dass es gelingt, die Finanzsteuer bereits 2017 einzuführen, ist insofern allenfalls ein Hoffnungswert.
Auf der anderen Seite schwindet mit jedem neuen Treuegelöbnis, die Steuer werde bald kommen, die Wahrscheinlichkeit, dass das Vorhaben mangels Aussicht auf Erfolg eingestellt wird. Kaum ein anderes finanzregulatorisches Projekt genießt in der Öffentlichkeit so breite Unterstützung wie die FTT, die - allen Klarstellungsversuchen der Kreditwirtschaft zum Trotz - den Ruf einer gerechten Strafe für Zocker genießt und oft durch den Beinamen "Robin-Hood-Steuer" geadelt wird.
Der politische Preis für Minister, die Verhandlungen abzubrechen, ist zu hoch. Die Finanzminister sind in eine Sackgasse ohne Wendemöglichkeit abgebogen. Darum wird es wohl noch viele Treffen geben, nach denen irgendwer behauptet, nun endlich sei der Durchbruch gelungen.
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