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Börsen-Zeitung: Flash Crash des Euro, Kommentar von Georg Blaha zum Zinsentscheid der EZB

Frankfurt (ots)

Um gut 3 US-Cent ist der Euro gestern nach dem Zinsentscheid und der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) abgestürzt. Am Donnerstagabend kostete die Gemeinschaftswährung nur noch 1,4556 Dollar, nachdem sie am Mittwoch noch ein 17-Monats- Hoch von über 1,49 Dollar markiert hatte. Ein solcher Kurssturz - ohne exogenen Schock - ist am Devisenmarkt und bei einem liquiden Währungspaar wie Euro/Dollar eher selten.

Was ist geschehen? Auf den ersten Blick scheint es, als habe die EZB die Märkte massiv enttäuscht und vor ihrem Zinsentscheid auf eine falsche Fährte gelockt. Zwar hatte niemand mit einer Zinserhöhung schon im Mai gerechnet. Doch offenbar hatte sich eine ausreichend große Zahl von Marktteilnehmern auf eine schärfere Zinsrhetorik eingestellt, die auf eine Anhebung der Sätze schon im Juni hindeutet. Bis vor der gestrigen EZB-Sitzung hatte der Euro aufgrund der Erwartung steigender Zinsen im Euroraum seit Jahresbeginn um gut 10% zum Dollar aufgewertet.

Der Verdacht einer missverständlichen Kommunikation ist bei der EZB nicht völlig aus der Luft gegriffen. Kritiker bemängelten beispielsweise das erratische Vorgehen der Notenbank zum Jahreswechsel, als die EZB die Märkte erst auf restriktiveren Kurs in der Geldpolitik vorbereitete, danach aber bis März hängen ließ. Auch die Zinserhöhung im Sommer 2008 war für viele Marktteilnehmer überraschend und nicht verständlich.

Diesmal jedoch kann man der Notenbank keinerlei Vorwürfe machen. In ihrer Sitzung im April hat die Notenbank in dem ihr eigenen Code keine Hinweise auf vorgezogene Zinsschritte gegeben. Alle Umfragen vor der gestrigen Sitzung belegen, dass eine Mehrheit der Akteure frühestens ab Juli mit steigenden Leitzinsen gerechnet hatte.

Der ungewöhnlich deutliche Kursrutsch des Euro dürfte daher eher auf so etwas wie einen kleinen "Flash Crash" zurückzuführen sein, bei dem verschiedene Faktoren zusammenwirkten: Euro-Anlagen wurden zwecks Gewinnmitnahmen verkauft, eine ausreichend große Zahl davon löste automatische Verkaufsorders aus, die wiederum andere Teilnehmer zum Abstoßen von Euro nötigten. Hinzu kamen schlechte Konjunkturdaten, die gestern die Risikoscheu an den Märkten anheizten, was dem Euro in den vergangenen zwei Jahren nie gut bekommen ist. Da die US-Notenbank Fed an ihrer expansiven Geldpolitik festhalten wird, dürfte der Euro schon bald wieder zum Aufwärtstrend ansetzen.

(Börsen-Zeitung, 6.5.2011)

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