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Der Tagesspiegel: Wissenschaftler und Verfassungsschutz warnen vor Verankerung der NPD in Ostdeutschland

Berlin (ots)

Berlin - In Ostdeutschland scheint es der NPD zu
gelingen, sich als Protestpartei festzusetzen. Die Ergebnisse der 
Rechtsextremisten bei der Bundestagswahl deuteten auf eine "doppelte 
Verankerung" hin, sagte am Montag der Politikwissenschaftler 
Professor Hajo Funke von der Freien Universität Berlin dem 
Tagesspiegel. Die NPD habe sich nicht nur bei den rechten 
Jugendszenen etabliert, "sondern auch regionale Anerkennung bekommen,
wo sie mit dem Biedermeiergesicht agiert". Funke bezog sich vor allem
auf Sachsen, wo die NPD 4,9 Prozent erhielt. Das sind 3,5 Prozent 
mehr als bei der Wahl 2002. In der Sächsischen Schweiz, einer ihrer 
Hochburgen, bekam die Partei 7,1 Prozent und legte damit fast fünf 
Prozent zu. Der Direktkandidat der NPD, der Landtagsabgeordnete Uwe 
Leichsenring, erhielt sogar 16,1 Prozent.
    Bundesweit erreichte die NPD 1,6 Prozent und kann damit mehr als 
600 000 Euro Wahlkampfkostenerstattung einstreichen. Die 
"Republikaner" schafften 0,6 Prozent und bekommen auch Geld.
    Viele Ostdeutsche hielten die NPD für die einzige 
"Denkzettel-Partei", sagte Professor Eckhard Jesse, Parteienforscher 
an der Technischen Universität Chemnitz, dem Tagesspiegel. Bei diesen
Wählern gelte selbst die PDS inzwischen als "Systempartei". Die NPD 
hingegen versuche, sich "ganz raffiniert den Frustrierten als 
Kümmerer anzudienen", so Jesse. Dass die NPD in Sachsen prozentual 
deutlich schlechter abschnitt als bei der Landtagswahl 2004 mit 
damals 9,2 Prozent, sehen Jesse und Funke nicht als Zeichen für 
Schwäche. Laut Funke ist ein Teil des rassistisch motivierten 
Hartz-IV-Protestpotenzial der NPD treu geblieben. Besorgt ist auch 
der Präsident des sächsischen Verfassungsschutzes, Rainer Stock. Es 
zeige sich, dass die NPD in Sachsen "inzwischen über ein stabiles 
Stammwählerpotenzial verfügt", sagte Stock dem Tagesspiegel. Die 
überdurchschnittlichen Ergebnisse, zum Beispiel in der Sächsischen 
Schweiz, "machen zudem die teilweise Verwurzelung der Partei im 
dortigen politischen Alltag deutlich". Stock appellierte an alle 
Demokraten,  in der geistig-politischen Auseinandersetzung mit der 
NPD nicht nachzulassen.
     Erfolge erzielte die NPD auch in Brandenburg, wo sie landesweit 
3,2 Prozent und im Ort Gröden sogar 14,1 erhielt. In Thüringen  bekam
die Partei 3,7 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 3,5 Prozent. In 
Berlin waren es  1,6 Prozent, doch in den Ostbezirken erreichte die 
NPD deutlich mehr - in einem  Wahllokalen kam sie auf  11,4  Prozent.
Schwach blieb die NPD in Nordrhein-Westfalen, wo sie nur 0,8 Prozent 
schaffte.
      Sollte sich die Partei in den neuen Bundesländern weiter 
einnisten, so Jesse und Funke, könnte sie bei den für Herbst 
geplanten Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern an die 
Fünf-Prozent-Hürde herankommen. In Sachsen-Anhalt, wo im März gewählt
wird, halten beide Wissenschaftler den Erfolg einer rechtsextremen 
Partei jedoch für wenig wahrscheinlich. Hier tritt, gemäß der 
Absprachen mit der NPD, die DVU an. Die Partei des Münchner Verlegers
Gerhard Frey hatte bei der Landtagswahl 1998 in Sachsen-Anhalt 12,9 
Prozent errungen, ihre Fraktion produzierte dann aber vor allem Chaos
und zerfiel. Die Menschen in Sachsen-Anhalt haben nach Ansicht von 
Jesse "ihre Lektion gelernt".
Die Informationen stehen Ihnen bei Nennung der Quelle Tagesspiegel
zur Verfügung.
Mit freundlichem Gruß,
Frank Jansen

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
thomas.wurster@tagesspiegel.de

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