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Der Tagesspiegel: Kein Verfahren gegen NPD-Chef Voigt wegen "Bombenholocaust"

Berlin (ots)

Die Verwendung des Begriffs „Bomben-Holocaust“ als
Bezeichnung für die alliierte Bombardierung Dresdens im Zweiten
Weltkrieg ist in Deutschland nicht strafbar. Wie der Tagesspiegel
erfuhr, hat die Hamburger Staatsanwaltschaft am Freitag nach
mehrwöchigen so genannten Vorermittlungen davon abgesehen, ein
förmliches Verfahren gegen den NPD-Vorsitzenden Udo Voigt
einzuleiten.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, kritisierte
gegenüber dem Tagesspiegel den Beschluss: „Moralisch habe ich dafür
kein Verständnis“. Mit der Entscheidung öffneten die Staatsanwälte
„Tür und Tor für ähnliche Äußerungen“.
Der umstrittene Begriff stand im Mittelpunkt des NPD-Eklats im
Sächsischen Landtag im Januar dieses Jahres. NPD-Fraktionschef Holger
Apfel hatte die Alliierten als „Massenmörder“ bezeichnet und nannte
die Angriffe im Februar 1945 einen „Bomben-Holocaust“. Daraufhin
verließen etliche demokratische Parlamentarier unter Protest den
Saal. In der anschließen Debatte um den Umgang mit den Rechtsextremen
wurde aus den Reihen der Union gefordert, die Redefreiheit von
Abgeordneten einzuschränken. Abgeordnete sind bislang von jeder
strafrechtlichen Verantwortung für ihre Äußerungen in Parlamenten und
Ausschüssen frei (Indemnität).
Mit der Hamburger Entscheidung steht nun fest, dass solche
Restriktionen im Falle des „Bomben-Holocaust“ keinen Erfolg haben
können. Weder innerhalb noch außerhalb eines Parlaments muss man
damit rechnen, wegen des Begriffs belangt zu werden. NPD-Chef Voigt
hatte einen Tag nach dem Eklat in Sachsen gegenüber der Presse Apfels
Äußerungen als „zutreffende Wortwahl“ bezeichnet und ihm zu seinem
Auftritt gratuliert. Der Begriff Holocaust treffe laut Voigt
„sicherlich auf die Vernichtung der Juden wie auch der Deutschen zu“.
Nach Auffassung des SPD-Innenexperten Dieter Wiefelspütz ist die
Entscheidung der Strafverfolger jedoch „korrekt“. Der Begriff des
„Bomben-Holocaust“ sei eine „verlogene, geschichtsfälschende
Ausbeutung der Opfer“. Dennoch könne die Äußerung nicht bestraft
werden. Der Begriff transportiere die Verharmlosung nur
unterschwellig. „Das tut weh, muss aber politisch bekämpft werden.“
Zurückhaltend äußerte sich auch der Unions-Innenexperte Wolfgang
Bosbach. Er habe die Entscheidung nicht zu kritisieren. Der Begriff
sei nicht akzeptabel, aber nicht unbedingt strafbar. „Volksverhetzung
ist strafbar“, sagte Bosbach“, „aber nicht jede verwerfliche
politische Meinungsäußerung ist es.“ Er sehe keine Notwendigkeit,
entsprechende Gesetze zu verschärfen. „Der Gesetzgeber ist gar nicht
in der Lage, solche Fälle alle zu erfassen“, sagte er.
Zentralratspräsident Spiegel widersprach der Auffassung: „Solche
Äußerungen kann man verbieten, wenn man die Gesetze nur konsequent
anwendet“. Für ihn sei es „sehr fraglich, ob Äußerungen, die klar
volksverhetzend sind, zur Meinungsfreiheit gehören“.
Wegen Volksverhetzung wird laut Gesetz bestraft, wer den Holocaust
„öffentlich billigt, leugnet oder verharmlost.“ Der Sprecher der
Hamburger Staatsanwaltschaft, Rüdiger Bagger, berief sich gegenüber
dem Tagesspiegel auf das Bundesverfassungsgerichts. Demzufolge
bestehe eine „Vermutung für die freie Rede in politischen
Auseinandersetzungen, wenn die Diffamierung nicht das vorrangige Ziel
der Argumentation ist“.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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