Der Tagesspiegel: Thierse dringt auf verbesserte Transparenz zu Nebentätigkeiten
Berlin (ots)
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) will deutlich mehr Klarheit über die Nebentätigkeit von Abgeordneten,. Er hat zugleich aber Bedenken gegen einen gläsernen Abgeordneten, der alle Verdienste auch gegenüber der Öffentlichkeit darlegen muss. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel am Sonntag" schlug Thierse vor, dass die Informationen über die Abgeordneten künftig regelmäßig in einem Jahresbericht veröffentlicht werden müssen. Das Parlament solle dies dann aber nicht zum Anlass für "allzu viel rhetorische Selbstbeschäftigung einschließlich der Gefahr heuchlerischer Reden" nehmen.
Thierse sagte der in Berlin erscheinenden Zeitung zudem, es sei nicht sinnvoll, dass Abgeordnete, die einen Hauptberuf ausüben, nicht einmal ihm als Bundestagspräsident etwas zur Höhe der Einkünfte sagen müssten. Auch solle es künftig nicht mehr reichen, als Tätigkeit etwa Unternehmensberater anzugeben. Die Öffentlichkeit hat auch ein Recht zu erfahren, auf welchem Feld da einer agiert. Das halte ich für das Minimum an verbesserter Transparenz, das wir erreichen müssen.
Thierse selbst will dabei aber nicht zur Kontrollinstanz werden. Ich als Bundestagspräsident möchte nicht allen Unmut und Missmut auf mich ziehen. Mir reicht schon das Thema Parteiengesetz. Dass künftig Nebentätigkeiten genehmigt werden sollen, lehnt der Parlamentspräsident ab. Dann müsste man für die freien abgeordneten einen Vorgesetzten installieren. Dann fängt etwas an, was mich an Diktaturen erinnert: dass staatliche Behörden freie Abgeordnete kontrollieren.
Thierse wandte sich dagegen, Abgeordneten die Ausübung ihres Berufes zu verbieten, dies sei auch verfassungsrechtlich nicht zulässig. Dass Abgeordnete Verflechtungen in die Gesellschaft hinein haben, ist von Vorteil. Die Vorstellung ist naiv und gefährlich, dass Parlamentarier dann besser sind, wenn sie aus dem Nichts kommen und wieder im Nichts entschwinden, wenn sie Menschen ohne Eigenschaften sind, ohne Interessen. Allerdings lasse sich mit mehr Transparenz Misstrauen abbauen.
Zur Frage verschärfter Sanktionen wollte sich der Bundestagspräsident nicht festlegen. Er wies jedoch darauf hin, das schon jetzt Öffentlichkeit funktioniere: Wer gegen die Verhaltensregeln verstößt, wird quasi an den Pranger gestellt und tritt zurück. Thierse fügte hinzu: Auch durch noch so scharfe Regeln werden Fehlbarkeit, Regelverletzungen und Korruption nicht völlig verhindert. Das Beispiel USA, wo es so etwas wie den gläsernen Abgeordneten gebe, zeige: Bessere Menschen sind die Abgeordneten dort auch nicht. Die Abhängigkeit der Politik von der Wirtschaft ist dort sogar stärker als bei uns.
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