Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.
Gemeinsame Presseerklärung anlässlich der Jahresauftakt-Pressekonferenz
Berlin (ots)
- Öffentliche Investitionen verstetigen - Mehr bezahlbaren Wohnraum schaffen - EU-Entsenderichtlinie praxisgerecht gestalten - Bau und Verkehr wieder in einem Ministerium zusammenführen
"Auch für die neue Bundesregierung muss der Abbau des öffentlichen Investitionsstaus auf allen staatlichen Ebenen wie auch die Fortschreibung der öffentlichen Investitionsetats auf dem erreichten realen Niveau ein Schwerpunktthema bleiben. Mit dem Investitionshochlauf im Bereich der Bundesverkehrswege ist zwar die Investitionswende eingeleitet, wir brauchen aber noch einen langen Atem, bis wir die Erträge dieser richtigen politischen Weichenstellung aus der vergangenen Legislaturperiode einfahren können." Das erklärten die Präsidenten des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie (HDB), Dipl.-Ing. Peter Hübner, und des Zentralverbandes des Deutschen Baugewerbes (ZDB), Dr.-Ing. Hans-Hartwig Loewenstein, heute anlässlich der gemeinsamen Jahresauftakt-Pressekonferenz in Berlin.
Mit Blick auf die Ergebnisse der Sondierungsgespräche von Union und SPD sei das Ziel, den Investitionshochlauf für die Bundesverkehrswege mindestens auf dem heutigen Niveau zu verstetigen, wahrscheinlicher geworden. Dennoch sei zu befürchten, dass die verzögerte Regierungsbildung zu Lasten des Investitionshochlaufs im Bereich der Bundesverkehrswege gehen könnte, glauben Hübner und Loewenstein. Bereits jetzt stehe fest, dass wir für erhebliche Teile des laufenden Jahres mit einer vorläufigen Haushaltsführung des Bundes leben müssen. Die Bauwirtschaft sehe deshalb die Gefahr, dass bei einem zu späten Inkrafttreten des Bundeshaushalts 2018 viele Neubaumaßnahmen im laufenden Jahr nicht mehr in Angriff genommen werden können. Hübner und Loewenstein riefen daher die zuständigen Bundesministerien für Verkehr und Finanzen dazu auf, alle Spielräume des Haushaltsrechts auszuschöpfen, damit die für die Verkehrswegeinvestitionen des Bundes eingeplanten Mittel zügig verbaut werden können.
Auch im Bereich der Schaffung bezahlbaren Wohnraums sehen die Präsidenten dringenden Handlungsbedarf. Die Wohnungsbautätigkeit werde sich nur erhöhen lassen, wenn die Rahmenbedingungen auch langfristig auf eine steigende Investitionstätigkeit ausgerichtet würden. Dabei werde die Baulandbereitstellung zunehmend zum Flaschenhals für neue Bauprojekte. Hübner und Loewenstein forderten daher, Bauland als wesentliche Voraussetzung für bezahlbares Wohnen und Bauen durch Bund, Länder und Kommunen verbilligt bereitzustellen. Im sozialen Wohnungsbau müssten dem Bedarf entsprechend 80.000 Wohneinheiten jährlich errichtet werden.
"Mit knapp 25.000 fertig gestellten Wohneinheiten im sozialen Wohnungsbau 2016 sind wir davon immer noch weit entfernt, obwohl die Länder vom Bund jährlich 1,5 Mrd. EUR dafür bekommen; sie werden den Bedarf ohne eine Mitverantwortung des Bundes nach 2019 auch kaum erreichen können. Deshalb halten wir hier eine entsprechende Anpassung des Grundgesetzes für erforderlich."
Ungemach droht für Hübner und Loewenstein auch aus Brüssel. Durch die Revision der Entsenderichtlinie würden die schon jetzt stark belastete Finanzkontrolle Schwarzarbeit wie auch die Unternehmen vor enorme praktische Schwierigkeiten gestellt. Besonders kritisch seien die geplanten Regelungen zur Entlohnung, nach denen nicht mehr auf "Mindestentgelte", sondern allgemein auf "Entlohnung" abgestellt und weitere Vergütungsbestandteile einbezogen werden sollen. Was dies allerdings in den einzelnen Mitgliedstaaten in welchen Regionen umfasse, sei nicht klar. Rechtunsicherheiten seien die Folge. "Aufgrund unserer langjährigen Erfahrungen mit Kontrollmöglichkeiten, -grenzen und -defiziten halten wir es für ausgeschlossen, dass künftig über Mindestentgelte hinausgehende Vergütungsbestandteile kontrolliert werden können. Mit dem Regelungsvorschlag überfordern wir ein Kontrollsystem, das bereits heute an Grenzen stößt. Da der Vorschlag sich bereits im Trilogverfahren zwischen Europäischer Kommission, Rat und Parlament befindet, ist Eile geboten. Wir appellieren daher an die Trilogpartner, praxisgerechte Lösungen zu finden und nicht aus übertriebenem Aktionismus den entsenderechtlichen Rahmen für Arbeitnehmer und Unternehmen ad absurdum zu führen", so Hübner und Loewenstein.
Auch die Problematik von Solo-Selbständigen halten Hübner und Loewenstein für unterschätzt. Im Baugewerbe seien ca. 150.000 Solo-Selbständige ohne Tarif- oder Mindestlohn und ohne Sozialabgaben auf kleinen wie großen Baustellen tätig. Dies gehe zunehmend zu Lasten der preisintensiveren sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung. "Wir fordern daher, für alle Selbständigen eine obligatorische Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder in privaten Versorgungswerken einzuführen. Dadurch würden einerseits bestehende Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche versicherungsrechtliche Bestimmungen abgebaut und andererseits dem Schutzbedürfnis Selbständiger vor Altersarmut Rechnung getragen", erklärten die Präsidenten der Bauspitzenverbände.
Mit Blick auf die anstehenden Koalitionsverhandlungen forderten die Präsidenten der Bauspitzenverbände, dass in der neuen Legislaturperiode Bau- und Verkehrsinfrastrukturpolitik wieder in eine Hand gelegt werden soll. "Die Aufteilung auf zwei Bundesministerien hat sich nicht bewährt. Ebenso wenig wie die Zusammenführung von Umwelt und Baupolitik in einem Haus. Abstimmungsprobleme und Interessenunterschiede konnten über die gesamte Legislaturperiode nicht beseitigt werden. Deshalb sollten alle den Bau und Verkehrsinfrastrukturpolitik betreffenden Themen in einem starken Ministerium für Bau und Infrastruktur gebündelt werden", argumentierten die Hübner und Loewenstein.
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