All Stories
Follow
Subscribe to Begabtenzentrum

Begabtenzentrum

Zwischen Genie und Klassenclown: Warum hochbegabte Kinder oft falsch eingeschätzt werden

Zwischen Genie und Klassenclown: Warum hochbegabte Kinder oft falsch eingeschätzt werden
  • Photo Info
  • Download

Grevenbroich (ots)

Hochbegabung bedeutet nicht automatisch Bestnoten, im Gegenteil: Viele besonders kluge Kinder fallen im Schulalltag durch Unruhe, Langeweile oder auffälliges Verhalten auf. Lehrkräfte und Eltern deuten das häufig falsch und stempeln die Betroffenen als „schwierig“ ab. Dabei steckt hinter dem vermeintlichen Klassenclown nicht selten ein Kind mit außergewöhnlichem Potenzial, das schlicht unterfordert ist.

Hochbegabte Kinder brauchen Förderung statt Stempel, sonst verbauen wir ihnen Chancen und verlieren ihre Kreativität. Dieser Beitrag zeigt, wie man Hochbegabung frühzeitig erkennt, welche Fehler im Umgang passieren und welche Wege zu einer positiven Entwicklung führen.

Wenn Hochbegabung sich hinter Auffälligkeiten verbirgt

Nicht jedes hochbegabte Kind zeigt außergewöhnliche Leistungen. Manche verweigern Aufgaben, wirken unkonzentriert oder suchen bewusst Aufmerksamkeit. Andere erledigen alles korrekt und unauffällig, auch sie können hochbegabt sein. Hinter diesen Gegensätzen steckt meist dieselbe Ursache: eine fehlende Passung zwischen den Fähigkeiten des Kindes und den Anforderungen der Umgebung.

Kinder, deren Denken komplexer ist als der Unterrichtsalltag, erleben Frustration und Langeweile. Sie beginnen zu witzeln, zu stören oder sich zurückzuziehen. Diese Reaktionen können leicht als Trotz oder Desinteresse missverstanden werden. In Wahrheit versuchen sie, mit einer Situation umzugehen, die sie emotional oder intellektuell nicht erfüllt.

Feingefühl trifft Perfektionismus

Viele dieser Kinder verfügen über eine außergewöhnliche Sensibilität. Sie nehmen Spannungen im Umfeld wahr, spüren Ungerechtigkeiten sofort und reagieren stark auf sie. Ihr ausgeprägter Gerechtigkeitssinn führt dazu, dass sie Entscheidungen hinterfragen oder Autoritäten kritisch betrachten. Was für Erwachsene provokant wirkt, ist häufig Ausdruck eines hohen Anspruchs an Logik und Fairness. Diese Eigenschaft lässt sie zwar reifen, kann im Alltag aber zur Belastung werden.

Hinzu kommt ihr oft ausgeprägter Perfektionismus. Hochbegabte Kinder möchten Aufgaben auf Anhieb perfekt lösen. Wenn das nicht gelingt, reagieren sie mit Frustration, Rückzug oder gar Verweigerung; nicht aus Trotz, sondern aus Angst, den eigenen Ansprüchen nicht zu genügen. Dieses Spannungsfeld aus Leistungswille und Selbstzweifel führt leicht dazu, dass sie als unmotiviert gelten, obwohl sie innerlich überfordert oder verunsichert sind.

Zwischen Anpassung, Provokation und Missverständnissen

Wie sich Hochbegabung zeigt, hängt auch vom Geschlecht ab. Jungen neigen häufiger dazu, ihre Unterforderung durch Witzeln oder Überdrehtheit zu kompensieren. Sie übernehmen unbewusst die Rolle des Klassenclowns, um Spannung abzubauen oder Aufmerksamkeit zu bekommen. Mädchen dagegen verhalten sich meist angepasst, erledigen Aufgaben zuverlässig und vermeiden es, aufzufallen. Ihre Langeweile bleibt verborgen und damit oft auch ihre Begabung. Beide Verhaltensmuster führen leicht dazu, dass Lehrkräfte die eigentliche Ursache übersehen.

Zudem verlaufen Denken und Fühlen bei hochbegabten Kindern nicht immer im Gleichschritt. Während sie kognitiv weit voraus sind, entspricht ihre emotionale Reife häufig dem tatsächlichen Alter oder liegt darunter. Diese Asynchronität kann zu inneren Konflikten führen: Sie verstehen Zusammenhänge, die Erwachsene überraschen, sind emotional jedoch noch nicht bereit, mit den Folgen umzugehen. Das führt zu Spannungen, Rückzug oder oppositionellem Verhalten, was oft als Disziplinproblem gedeutet wird, obwohl diese Reaktionen Ausdruck einer Entwicklungsdifferenz sind.

Diese Dynamik begünstigt auch Fehldeutungen. Unruhe, Ablenkbarkeit oder starke Gefühlsausbrüche ähneln Symptomen von ADHS oder Autismus, was leicht zu Fehldiagnosen führt. Ebenso kann eine tatsächliche Störung hinter der hohen Begabung verborgen bleiben, weil das Kind Schwierigkeiten kompensiert. Entscheidend ist daher eine differenzierte Betrachtung: Nur wer das Zusammenspiel von kognitiver Stärke, emotionalem Erleben und Verhalten versteht, kann Hochbegabung zuverlässig erkennen und richtig begleiten.

Förderung statt Fehlinterpretation

Hochbegabte Kinder brauchen keine ständige Bewertung, sondern Raum für Neugier, kreative Aufgaben und echte Herausforderungen. Individualisierte Lernangebote, projektorientiertes Arbeiten oder zeitweises Lernen außerhalb des Regelunterrichts können helfen, ihre Potenziale zu entfalten. Entscheidend ist dabei die Haltung der Erwachsenen: Nicht das auffällige Verhalten sollte im Mittelpunkt stehen, sondern das, was dahinter liegt: Eine außergewöhnliche Begabung, die verstanden und gefördert werden will.

Wenn es gelingt, diese Kinder nicht zu disziplinieren, sondern zu inspirieren, kann aus dem vermeintlichen Klassenclown ein selbstbewusster Denker werden; jemand, der gelernt hat, seine Stärken zu nutzen, anstatt sie zu verstecken. Und genau darin liegt die Chance: Hochbegabung ist kein Problem, das man „lösen“ muss, sondern ein Potenzial, das man erkennen sollte.

Über Diana Haese:

Diana Haese hat einen Master of Arts in Begabtenförderung und Begabungsforschung und ist Gründerin der drei Begabtenzentren in Grevenbroich, München und Berlin. Seit 2008 unterstützt sie Familien mit hochbegabten Kindern durch gezielte Diagnostik und individuelle Förderung. Mit über 70.000 durchgeführten Tests aus 27 Ländern hilft sie, schulische und emotionale Herausforderungen zu lösen. Ihr Ziel: Hochbegabung früh erkennen, Potenziale entfalten und Lebensqualität nachhaltig verbessern. Mehr Informationen unter: https://www.begabtenzentrum.de/

Pressekontakt:

Begabtenzentrum
Vertreten durch: Diana Haese
info[at]begabtenzentrum.de
https://www.begabtenzentrum.de/

Ruben Schäfer
E-Mail: redaktion@dcfverlag.de

Original content of: Begabtenzentrum, transmitted by news aktuell