Die Bretagne, die Newcomerin unter den Weindestinationen
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Die Bretagne, die Newcomerin unter den Weindestinationen
Felsige Küsten, Leuchttürme, Salzbutter – alles Dinge, die viele mit der Bretagne verbinden. Aber Wein? Mehr als ein Jahrhundert lang sah man auf Frankreichs westlicher Halbinsel im Atlantik keine traubenbehangenen Reben mehr. Das ändert sich jetzt, denn junge Winzerinnen und Winzer hauchen den Weinbergen aus vergangenen Tagen neues Leben ein und kreieren frische Weine, geprägt von Sonne und Meer der Bretagne.
Neues Leben für alte Weinberge
Tatsächlich gibt es in der Bretagne seit jeher Weinlagen, insbesondere am Golf von Morbihan und im Tal der Rance bei Saint-Malo. Auch in der Nähe großer Klöster wie bei Redon und in Landévennec am Atlantik gibt es Weinberge aus alten Zeiten, denn angebaut wurden die Reben in erster Linie von Mönchen. Doch wie überall in Europa machte die Reblaus den Weinbergen im 19. Jahrhundert den Garaus. Cidre, Karamell und Meersalz führen die Hitliste der bretonischen Souvenirs an. Bis vor kurzem war Weinbau nahezu ein Jahrhundert lang in der Bretagne sogar ganz verboten, zählte sie doch nicht zu den Gebieten, die in Frankreich überhaupt Wein kultivieren durften. Erst die EU-Freigabe der Pflanzrechte im Weinbau im Jahr 2016 gab den Startschuss für das neue Leben in alten Weinbergen.
Fruchtbarer Boden für Winzerinnen und Winzer, die neue Wege gehen wollen
Seit 2016 dürfen sich die Bretoninnen und Bretonen wieder dem Weinanbau widmen, eine neue Wein-Ära beginnt. Viele dieser Pionierinnen und Pioniere kommen aus berühmten französischen Weinregionen oder haben dort ihre Ausbildung gemacht.
Marie Devigne und Guillaume Hagnier hat es aus der Champagne in den bretonischen Süden verschlagen. Ursprünglich aus Kostengründen, denn der Hektarpreis in ihrer Heimat war für die beiden unbezahlbar. Der Umzug in die Bretagne machte es ihnen möglich, den Traum vom eigenen Weingut zu verwirklichen: Seit 2020 bauen sie auf der Halbinsel Rhuys am Golf von Morbihan mit finanzieller Unterstützung der kleinen Gemeinde Sarzeau auf sechs Hektar Reben an. An etwa der Hälfte wachsen Chardonnay-Trauben, die andere Hälfte setzt sich aus Cabernet franc und Chenin blanc zusammen. 2024 konnte das Paar zum ersten Mal den eigenen Wein unter ihrer Marke Dantelezh in Flaschen abfüllen. Davon sind zwei Drittel Weißweine, ein Drittel Rosé- und Rotweine, alle mit dem Label der biologischen Landwirtschaft ausgezeichnet.
Führungen und Verkostungen auf dem Weingut Dantelezh in Sarzeau sind auf Anfrage ganzjährig möglich, Preis: 10€ pro Person. Alle Infos finden Sie unter www.levignoblederhuys.bzh/.
In Saint-Jouan-des-Guérets, nicht weit von Saint-Malo entfernt, wo der Fluss Rance in den Ärmelkanal mündet, hat Edouard Cazals 2019 sein Weingut La Cabane aux Longues Vignes gegründet. Auf zwei Hektar hat er Chardonnay, Pinot Noir und Grolleau gepflanzt, 2020 kamen bereits zwei weitere Hektar dazu. 25.000 Flaschen kann er inzwischen pro Jahr abfüllen. Sein Handwerk gelernt hat Cazals in Saint-Émilion im weltberühmten Weinanbaugebiet von Bordeaux. Land zu kaufen war dort aber schier unmöglich, weshalb er sich auf den Weg in die Bretagne machte. Mit Erfolg: Das französische Weinmagazin „La Revue du vin de France“ zeichnete sein Weingut 2024 als Entdeckung des Jahres aus.
Der Geschmack von Wind und Wetter
Das bretonische Meeresklima mit seinen milden Sommern und gemäßigten Wintern lässt die Trauben langsam reifen und ist ideal für Rebsorten wie Chardonnay oder Pinot noir. Im Zusammenspiel mit den Granit- und Schieferböden entstehen frische, fruchtige Weine. Vor allem Weißweine, aber auch leichte Rotweine reifen in bretonischen Weinkellern.
Wer hier anbaut, muss im Blick haben, dass das Klima in der Bretagne zwischen der Küste und dem Landesinneren, zwischen dem Norden und dem Süden, dem Westen und dem Osten sehr unterschiedlich ist. Während im bretonischen Süden auch Orangen- und Zitronenbäume gedeihen, strecken sich im Westen neben Reben vielmehr Leuchttürme und Steilklippen himmelwärts.
Dass die Nähe zum Meer und das feuchte Wetter den Weinanbau beeinflussen, weiß auch Aurélien Barthou, der in Auray, westlich von Vannes, seit 2022 in seinem 2,5 Hektar großen Weinberg Reben anbaut. Er setzt auf hybride Sorten, die widerstandsfähiger gegen Feuchtigkeit sind. Sein Wissen über den Weinanbau behält er nicht für sich: Er koordiniert den 2021 ins Leben gerufenen Studiengang Weinbau im nahegelegenen Kerplouz, wo sich die nächste Generation bretonischer Winzerinnen und Winzer darauf vorbereitet, die Arbeit der Pionierinnen und Pioniere fortzuführen.
„2025 werden wir schon sehr viel mehr bretonischen Wein abfüllen können,“ freut sich Aurélien Barthou im August im Interview mit dem französischen Online-Weinmagazin Vitisphere: „Wir haben ausgerechnet, dass wir auf 150.000 Flaschen kommen könnten.“ 2024 waren es nur ein Drittel davon, knapp 50.000 Flaschen. 15 bretonische Weingüter können dieses Jahr erstmals lesen. 45 Mitglieder zählt die Vereinigung der bretonischen Winzerinnen und Winzer 2025 bereits, bei ihrer Gründung im Jahr 2021 waren es nur zwölf.
Ob Aurélien Barthou einen Lieblingswein hat? Das verrät er im Interview mit France 3: „Es gibt zum Beispiel den sehr originellen, weißen Cuvée namens Alchimie aus Theix-Noyalo, in der Nähe von Vannes im Morbihan: Auf unserem bretonischen Terroir treffen Chenin, eine Rebsorte aus der Loire, und Savagnin, eine Rebsorte aus dem Jura, aufeinander. Somit liegt der Fokus auf Mineralität und Frische. Er passt hervorragend zu Meeresfrüchten, zum Beispiel.“
Hinkommen und rumkommen
Die Bretagne ist aus allen Himmelsrichtungen bequem mit dem Auto erreichbar, mautpflichtige Straßen gibt es in der Region keine. Mit dem Zug oder Flugzeug führen nahezu alle Wege über Paris, von dort sind es mit dem direkten TGV knapp drei Stunden bis Vannes am Golf von Morbihan oder bis Saint-Malo an der Nordküste. Lufthansa fliegt täglich von Frankfurt und München direkt nach Nantes.
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