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Warst Du ein Christ?

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Lieber Reinhard Wosniak,

weil ich in Deinen Büchern auch immer wieder auf christliche Spuren stoße, möchte ich Dich fragen: Warst Du ein Christ? Insbesondere beim Lesen Deines Erstlings 'Stilicho', benannt nach dem gleichnamigen Protagonisten, des aus Germanien stammenden Heerführers des weströmischen Reichs während der Turbulenzen der Völkerwanderung und unmittelbar vor dem Zusammenbruch Roms, hatte ich es mich gefragt. Damals hatte man den christlichen Glauben, längst zur Staatsreligion erhoben...

Unter dem Deckmäntelchen des Christentums war man in Rom seit Kaiser Konstantin entschlossen, aber auch genötigt, das riesige Reich mit der Klammer eines gemeinsamen Glaubens zusammenzuhalten, wie es in der späteren Geschichte noch vielfach versucht worden ist. Solches Lavieren und Taktieren mit allen Menschlichkeiten und wie oft auch Abscheulichkeiten, das offenbar in der gefallenen Menschennatur begründet liegt, hast Du -lieber Reinhard Wosniak- für diese letzte Ära Roms in exzellenter Weise herausgearbeitet. Da wird dem Leser wirklich bewusst, dass dieser "neue Glaube" damals bei vielen, - vermutlich den meisten -. noch immer stark von heidnischen Elementen durchsetzt und selten rein oder geläutert anzutreffen war.

Aber nun hatte ich nachgefragt, wie es bei Dir selbst um den Glauben bestellt war. Warst Du ein gläubiger Mensch oder Christ? Ich kann Dich nicht mehr direkt dazu befragen, aber es gibt etliche Stellen im Stilicho, aber auch in anderen Deiner Werke, - Gedankensplitter häufig -, die mich dies vermuten lassen. Zumindest sehe ich solche Stellen als Hinweise Deines persönlichen Ringens um den Glauben an, der Du von Haus aus ein Naturwissenschaftler warst, und die Natur ist hier ein zentrales Stichwort in Deinem Denken, denn dieses Thema kommt immer wieder vor, wenn auch meist unterschwellig.

Da stößt man in 'Die Nacht der Ameisen" (242 ff) auf Äußerungen wie folgende, wo Du über die Natur, das Universum usw. sprichst und meinst, der liebe Gott hätte sich, wie es scheint, vergessen, sich sein Copyright auf die Natur, den Kosmos, die Welt eintragen bzw. registrieren zu lassen, als das alles entstanden ist. "Und was wäre eine Existenz von irgendwas ohne die Möglichkeit, bemerkt zu werden? - Antwort: So ziemlich nichts ... eben nichts Bemerktes ... So geht es nicht! ... Man denke nur mal: Die ganze Natur - ein Nichts! Man hat also uns gemacht, uns Menschen, als Merker. Schön."

Hier ringst Du, wenn ich Dich recht verstehe, als Naturwissenschaftler mit dem Schöpfungsglauben und sagst: Ja, es muss eine Natur, die von Gott geschaffen worden ist, also eine Schöpfung, einfach geben. Nichts, was da ist, besteht ohne Grund und hat seinen Ursprung. Aber nicht alles ist fertig, auch nicht der Mensch. Wie die Natur, sprich Schöpfung, das alles hingekriegt hat, ist Dir aber nicht klar. Ist es überhaupt verstehbar? Vermutlich war und ist es ein Prozess, eine Evolution, die immer noch im Gange ist, denn das Weltall dehnt sich immer noch aus, auch gerade in diesem Moment. Und so fragst Du: "Wer sagt aber, das wir fertig entwickelt sind? Gar überall?"

Und dann scheinst Du Dich wirklich lustig zu machen über uns, ja uns, die dummen, so wenig lernfähigen Menschen, die das alles zwar sehen und wahrnehmen, aber dann doch nicht sehen und erkennen, was in der Natur vor sich geht, die sich als dem Menschen überlegen erweist und stärker ist:

"Selbstreflexion hieße das Zauberwort. Es würde die Überlebenschancen der Beauftragten [Und hier sind wir gemeint!] erhöhen." Was bedeutet das? - Will heißen: Wir als klitzekleine "Erdmenschen - Erdmännchen, Erdweibchen und Sonstige - sind also zunächst nur für die Reflexion vorgesehen, soweit, wie wir eben durchsehen. Letzteres ist unser Handicap. Wir können einiges um uns her erkennen und sogar verändern, nur uns selber nicht - jedenfalls nicht in wichtigen Eigenschaften. Wir können beobachten und fortschreiten - nur machen wir keine wirklichen Fortschritte. Obwohl wir es immerzu von uns behaupten." (ebd.)

Und die Gefahr ist, meinst Du, dass sich die Natur ... für die Ameisen entscheidet. Aber dann Gnade uns Gott, denn die Ameisen haben keine Moral und irgendwann, wenn die Natur die Lust an uns Menschen verliert, weil wir uns einfach nicht weiterentwickeln wollen, spielt sie nicht mehr mit und zieht einen Schlussstrich. - Aus mit der Maus!

Hubert Michelis, ehemaliger Franziskanermönch und Banker, nun freier Schriftsteller

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