Europäischer Rechnungshof - European Court of Auditors
Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge in der EU bislang nicht von Erfolg gekrönt
Pressemitteilung
Luxemburg, 21. Mai 2025
Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge in der EU bislang nicht von Erfolg gekrönt
- Der EU-Markt für Zusatzrenten hat fast 50 Millionen Kunden, die sich jedoch auf einige wenige Länder verteilen.
- Kosten und Renditen von Rentenversicherungen werden nicht ausreichend transparent gemacht.
- Europaweite Rentenprodukte sind nach wie vor keine praktikable Option der Altersvorsorge.
Bislang ist es der EU nicht gelungen, den Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge, die die gesetzliche Rente ergänzen soll, sodass EU-Bürger im Alter ein angemessenes Einkommen haben, wirksam voranzutreiben. Dies geht aus einem aktuellen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor. Vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung sei es der EU-Kommission und der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) nicht gelungen, die Rolle der betrieblichen Altersversorgung in den EU-Ländern zu stärken oder der sogenannten Europarente (PEPP) zum Durchbruch zu verhelfen. Der Bericht wird mit Blick auf Pläne der EU-Kommission veröffentlicht, vor dem Hintergrund einer künftigen Spar- und Investitionsunion die rechtlichen Rahmenbedingungen für Betriebsrentenfonds und europaweite Rentenfonds zu überprüfen, um sie effizienter und attraktiver zu machen.
Dem Bericht zufolge sind die Rentensysteme für den Sozialversicherungsschutz und die Stärkung der Kapitalmärkte der EU von großer Bedeutung. Zwar seien die EU-Länder für die Renten zuständig, jedoch sei die EU in diesem Zusammenhang befugt, grenzüberschreitende Mobilität, Verbraucherschutz und Binnenmarkt zu regeln. Da die staatlichen Rentensysteme in vielen EU-Ländern Schwierigkeiten hätten, eine angemessene Rentenhöhe zu gewährleisten, habe die EU grundsätzliche Regeln für betriebliche Rentenfonds festgelegt und die Grundlagen für eine EU-weite private Altersvorsorge geschaffen.
"In den Volkswirtschaften der EU, die mit demografischen und haushaltspolitischen Herausforderungen konfrontiert sind, dürfte die zusätzliche Altersvorsorge zunehmend an Bedeutung gewinnen", so Mihails Kozlovs, das für den Bericht zuständige Mitglied des Rechnungshofs. "Leider bleiben sowohl betrieblich geförderte als auch EU-weite private Rentensysteme hinter den Erwartungen zurück, insbesondere was eine Absicherung über Ländergrenzen hinweg betrifft. Es müssen zusätzliche Schritte unternommen werden, um diese Formen der Altersvorsorge zu stärken."
Trotz mehrerer Initiativen der EU-Kommission spielen den EU-Prüfern zufolge derzeit weder grenzüberschreitende betriebliche noch europaweite Rentenprodukte eine ernstzunehmende Rolle auf dem EU-Markt für Zusatzrenten. Die Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung verwalteten Vermögenswerte in Höhe von schätzungsweise rund 2,8 Billionen Euro und sicherten rund 47 Millionen Arbeitnehmer und Rentner ab. Allerdings seien sie grenzüberschreitend nach wie vor nur in jenen wenigen Ländern aktiv, in denen arbeitgebergeförderte Renten traditionell schon immer eine Rolle gespielt hätten. Dies sei in erster Linie auf Faktoren zurückzuführen, auf die die EU keinen Einfluss habe. Die EU-Prüfer weisen jedoch darauf hin, dass die EU für grenzüberschreitende Fonds zusätzliche Anforderungen eingeführt habe, wodurch diese noch stärker benachteiligt würden.
Die Europarente sei im März 2022 eingeführt worden. Sie biete Arbeitnehmern, die Geld für ihren Ruhestand zurücklegen möchten, ein alternatives Rentenprodukt, in das im Falle eines Umzugs in ein anderes EU-Land weiterhin eingezahlt werden könne. Aufgrund mangelnder steuerlicher Anreize und der vorgeschriebenen Obergrenze von 1 % für Kosten und Gebühren sei ein solches Produkt jedoch nicht sonderlich attraktiv. Bislang sei nur ein einziges Rentenprodukt dieser Art auf dem Markt, mit weniger als 5 000 Sparern und Vermögenswerten von unter 12 Millionen Euro, das somit kaum in Anspruch genommen werde.
Ein Zugang zu umfassenden Renteninformationen sei für die Bürger von entscheidender Bedeutung, insbesondere wenn sie sich dem Rentenalter näherten. Die Pläne der EU, die Transparenz im Rahmen der Kapitalmarktunion zu verbessern, seien bislang jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Die Versicherten erhielten nach wie vor keinen Gesamtüberblick über ihre gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge, und damit keine Informationen über ihre künftigen Rentenansprüche. Die Aufsichtsbehörde EIOPA habe zwar Maßnahmen ergriffen, damit mehr Informationen über die betriebliche Altersversorgung bereitgestellt werden, bislang würden Beitragszahler und Rentenempfänger über die Leistung betrieblicher Rentenfonds jedoch nicht umfassend informiert. So fehlten etwa Angaben zu den auflaufenden Kosten und den erwirtschafteten Renditen. Diese Angaben seien von großer Bedeutung, da die Rentenleistungen bei einigen Versicherungen von der Wertentwicklung der zugrunde liegenden Anlagen abhingen. Aus diesem Grund sei es wichtig, auch Betriebsrentenfonds wirksam zu beaufsichtigen. Der EIOPA sei es jedoch nicht gelungen, EU-weit einheitliche Aufsichtspraktiken zu gewährleisten. Dies sei zum einen darauf zurückzuführen, dass die Initiativen der EIOPA bei den nationalen Behörden auf wenig Resonanz gestoßen seien, und zum anderen darauf, dass die EU für die Beaufsichtigung der Betriebsrentenfonds lediglich Mindeststandards vorgegeben habe.
Hintergrundinformationen
Die Rentensysteme in der EU gliedern sich im Allgemeinen in drei Säulen. Die erste Säule umfasst die staatliche und die gesetzliche kapitalgedeckte Altersversorgung, die durch eine einkommensbezogene betriebliche Altersversorgung (zweite Säule) und sonstige private Altersvorsorge (dritte Säule) ergänzt wird. Bei der betrieblichen Altersversorgung handelt es sich um Rentensparpläne, die von Arbeitgebern für ihre Arbeitnehmer eingerichtet werden. Im Wesentlichen gibt es zwei Arten der betrieblichen Altersversorgung: leistungsorientierte und beitragsorientierte Systeme. Die wirtschaftliche Bedeutung privater Rentenversicherungen, die die Beiträge von Arbeitnehmern verwalten, unterscheidet sich von Mitgliedstaat zu Mitgliedstaat erheblich. In einigen EU-Ländern machen Betriebsrenten tendenziell einen größeren Teil des Renteneinkommens aus als die gesetzlichen Renten. Der Sektor der betrieblichen Altersversorgung konzentriert sich auf einige wenige EU-Länder. In manchen EU-Ländern gibt es keinerlei Betriebsrentenfonds. In Dänemark und den Niederlanden beispielsweise übersteigen die von Betriebsrentenfonds und sonstigen beruflichen Rentenversicherungen verwalteten Vermögenswerte das nationale Bruttoinlandsprodukt.
Der Sonderbericht 14/2025 "Ausbau der zusätzlichen Altersvorsorge in der EU: EU-Maßnahmen tragen nicht wirksam zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Etablierung des Paneuropäischen Privaten Pensionsprodukts bei" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs abrufbar.
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