FZ: Nichts gelernt Kommentar der Fuldaer Zeitung (5. August 2017) zum Eierskandal
Fulda (ots)
Mag sein, dass es keinen Grund für Hysterie gibt; dass die Giftmengen, um die es geht, sehr gering sind; dass selbst Kinder, die in normalem Maße verseuchte Eier verzehrt haben, keine gesundheitlichen Folgen fürchten müssen; dass die EU, wie sie sagt, die Lage "unter Kontrolle" und alle betroffenen Eierfabriken identifiziert hat. Mag alles sein. Doch wenn giftiges Insektizid in Millionen von Eier gelangt, ist das ein widerlicher Vorgang, der nicht passieren darf und der uns einmal mehr an die Auswüchse der industriellen Massentierhaltung erinnert. Und der die Frage aufwirft, warum Verbraucher und Politik nicht aus den vielen Lebensmittelskandalen der letzten Jahre lernen.
Wie steht es eigentlich um die Verantwortung der Verbraucher, wenn in deutschen Einkaufswagen offenbar in riesiger Zahl Eier aus Holland landen? Bei Eiern handelt es sich nun wirklich nicht um Lebensmittel, die Hunderte oder Tausende Kilometer quer durch Europa zum Kunden transportiert werden müssten. Bezahlbare Eier aus der Region gibt es auf dem Wochenmarkt, in Bauern- und Hofläden und den meisten Lebensmittelgeschäften. Der Kunde ist in diesem Fall König: Werden keine Eier mehr aus anderen Ländern gekauft, verschwinden diese aus den Discounter-Regalen. Doch immer noch greifen viele beim Einkauf gedankenlos zu - Hauptsache billig. So tragen wir dazu bei, dass Skandale wie dieser riesige Dimensionen annehmen können.
Ein weiteres Problem - und da ist die Politik gefragt - ist die lebensferne und ungenügende Kennzeichnung: Ein zehnstelliger Code auf dem Ei, den viele nicht interpretieren können, hat seinen Sinn verfehlt. Zumal er auch nur für frische Eier gilt und nicht für Flüssigei oder Produkte, in denen Eier verarbeitet sind. Woher also die Eier in Nudeln oder in Kuchen kommen, darüber wird der Verbraucher im Unklaren gelassen. So könnte der Skandal letztlich noch viel größere Ausmaße annehmen als bisher bekannt, denn wo die Produkte gelandet sind, in denen verseuchte Eier verarbeitet wurden, wird schwer zu ermitteln sein.
Letztlich ist auch das Kontrollnetz im Lebensmittelbereich nicht dicht genug. Stichproben - wie bisher übliche Praxis - reichen nicht aus, um Schwarzen Schafen auf die Spur zu kommen. Hier muss der Staat endlich aufrüsten. Dass von dem Skandal auch Bio-Produzenten betroffen sind, zeigt übrigens: Auch Bio-Eier kommen aus Massenbetrieben. Vollkommene Sicherheit gibt es nicht. Wir können das Risiko nur minimieren. Doch die Bereitschaft dazu scheint gering - und über die Gift-Eier des Sommers 2017 wird schon bald niemand mehr reden. / Bernd Loskant
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