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Selbstverzwergung einer Supermacht
Kommentar von Raimund Neuß zum US-Lieferstopp bei Luftabwehrsystemen für die Ukraine

Köln (ots)

Die "Interessen der Vereinigten Staaten" stünden im Vordergrund - so hat Pentagon-Sprecherin Anna Kelly den Lieferstopp für Patriot-Luftabwehrraketen und andere Munition begründet, für militärische Güter allesamt, die der frühere US-Präsident Joe Biden der Ukraine zugesagt hatte. Und es wäre wohl aussichtslos darauf zu hoffen, dass irgendjemand es schafft, dieser Dame sowie ihrem Chef Pete Hegseth und US-Präsident Donald Trump auf, sagen wir, dem Niveau eines Fox-News-Beitrags zu erklären, wo die US-Interessen eigentlich liegen. Dass eine russische Hegemonie im Schwarzmeerraum im diametralen Gegensatz zu diesen Interessen stünde. Und dass Trump seine Rohstoffgeschäfte mit der Ukraine vergessen kann, wenn der den russischen Aggressoren die Besetzung ukrainischer Bergwerke gestattet.

An politischer Dummheit ist die jüngste Wendung der Trump-Administration jedenfalls nicht zu überbieten. Zwei Wochen Zeit hatte Trump dem russischen Präsidenten Wladimir Putin Ende Mai gegeben., um seine wahren Absichten zu zeigen Trump drohte dem Moskauer Kriegsherren mit Konsequenzen, und jetzt wissen wir, welche das sind: Trump belohnt russische Luftangriffe, indem er der Ukraine die Abwehrmittel dagegen vorenthält.

Putins Sprecher Dmitri Peskow tönt, nun werde die sogenannte spezielle Militäroperation schneller vorbei sein. Das ist Propaganda-Unfug: Die Ukraine wird sich weiter wehren, nicht anders als im ersten Halbjahr 2024, als die Republikaner im US-Kongress noch unter Biden Lieferungen blockierten. In Sachen Patriot ließ Trump die Ukraine schon bisher warten und speiste sie zuletzt beim Nato-Gipfel mit einer vagen Andeutung ab. Dieses zynische Hin und Her kostet auf ukrainischer Seite nahezu jeden Tag Menschenleben und führt zum Verlust von Gebieten, auch im rohstoffreichen Donbass.

Und nun die Lieferstopp-Erklärung: Welcher Nato-Partner wird sich noch auf in Europa gelagerte US-Waffen verlassen? Welche Schlüsse wird die zunehmend aggressiv auftretende chinesische Führung daraus ziehen, dass die USA nach eigenem Bekunden nicht mehr genug Munition auf Lager haben? Wer soll angesichts dieser Selbstverzwergung einer Supermacht noch Ankündigungen oder Drohungen aus Washington ernst nehmen? Trump tut, was er am besten kann: Er ermuntert Aggressoren, zersetzt das Vertrauen ins westliche Bündnissystem und erhöht damit die Gefahr weiterer Kriege.

Pressekontakt:

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Raimund Neuß
Telefon: 0221/1632-555
print@kr-redaktion.de

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