Kölnische Rundschau: zu Ulla Schmidt/Dienstwagen
Köln (ots)
Unter Gerhard Schröder wäre es anders gekommen. Der
SPD-Kanzlerkandidat von 1998 und Amtsinhaber 2002 hätte Ministerin
Ulla Schmidt wegen der Dienstwagenaffäre mit großer Sicherheit im
Wahlkampf aus dem Verkehr gezogen - allein um seine
Durchsetzungskraft und den unbedingten Willen zur Macht gar nicht
erst durch wachsweiche verbale Zugeständnisse in Zweifel ziehen zu
lassen. Unter Frank-Walter Steinmeier kommt es wie es kommen muss:
Der Herausforderer der SPD beruft sich juristisch korrekt auf die
Unbedenklichkeitsprüfung des Bundesrechnungshofes und Schmidt
entgegen aller Bedenken in den eigenen Reihen in sein
Schattenkabinett. Für ihn ist das ein Gebot der Fairness, zumindest
nach außen. Affäre? Von wegen, soll das heißen, das war nie eine,
nachdem sich herausgestellt habe, dass sie Privatfahrten
ordnungsgemäß abgerechnet hat. Schmidt muss im Wahlkampf nun doppelt
gut und kompetent auftreten, um die Auseinandersetzung mit ihr zu
einer Diskussion über den besten Kurs in der Gesundheitspolitik zu
versachlichen. Diese Lektion hat sie begriffen, und in ihr liegt die
letzte Chance der Ministerin. Sofern nicht noch neue Vorwürfe laut
werden, hat sie tatsächlich steuerlich als entlastet zu gelten - so
undiplomatisch ihr anfänglicher Rechtfertigungsversuch ("Das steht
mir zu") auch war. Und es ist ja noch kein endgültiger Schlussstrich,
schließlich muss sich die Ministerin noch dem Haushaltsausschuss
stellen. Insofern hat sich Steinmeier mit einer Hypothek beladen.
Unentschlossene wird er mit Schmidts Nominierung kaum gewinnen -
allenfalls solche, die durchschauen, wie genüsslich die Opposition
die Aufklärung aller Urlaubsfahrten hinauszögerte, um den
Verdacht möglichst lang im Raum stehen zu lassen. Der Vizekanzler hat
ein Wahlkampf-Team, einen differenzierten Deutschland-Plan -
und eine Politik für Vollbeschäftigung binnen zehn Jahren
angekündigt. Damit begnügt sich Steinmeier, um Machtwillen zu
zeigen. Unter Schröder hätte das nicht gereicht.Pressekontakt:
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Jost Springensguth
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