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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) kommentiert zum Thema »G8-Gipfel«

Bielefeld (ots)

Am 6. Juni besteigen die mächtigsten Damen und
Herren der Welt des Jahres 2007 den Gipfel der sogenannten 
G8-Staaten. Man trifft sich im wiedererstandenen 
Ostsee-Schmuckkästchen Heiligendamm, ein Ort wie geschaffen für 
konstruktive und dennoch entspannte Unterredungen beinahe auf 
Meereshöhe Null.
Doch die Problemthemen, die dort zwingend und klartext-offen 
besprochen werden müss(t)en, mehren sich von Tag zu Tag. Und das 
nicht nur, weil die Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika 
und Russlands, George W. Bush und Wladimir Putin, maßgeblich mit von 
der Partie sein werden. Das verheißt vordergründig medien- und 
publikumswirksame Auftritte, dürfte aber wohl kaum darüber 
hinwegtäuschen und hinwegtrösten können, dass Europa und die Welt 
drumherum es mit einem Dornenstrauß von Beschwerlichkeiten und 
Bedrohungen zu tun haben, hinüber und herüber miteinander verwoben 
und verwickelt.
Stark ausgeprägt sind hüben und drüben die massiven Eigeninteressen 
von Amerikanern und Russen, Chinesen und Indern, Europäern und 
Asiaten. Reizwort: Raketenabwehrschild. Unbeeindruckt von 
EU-Mahnrufen zur Mäßigung in Richtung Kreml schwingt Putin den 
Super-Knüppel: Dieses Vorhaben der USA beschwöre gar unkalkulierbar 
»die Gefahr gegenseitiger Vernichtung« herauf. Muskelspiele eines 
Mannes, der Russland um jeden Preis an die Weltmacht-Spitze 
zurückführen will? Das greift ganz gewiss zu kurz.
Denn gerade Putin sollte weniger an seinen harschen Worten als an 
seinem rüden Alltagshandeln gemessen werden. Opposition ist für ihn 
offenbar dazu da, zu drangsaliert, abgewürgt, ausgeschaltet zu 
werden. Sinnfälligerweise und durchaus zu Recht wurde Putins unlängst
76-jährig verstorbener Amtsvorgänger Boris Jelzin als »Vater eines 
neuen, demokratischen Russlands« gewürdigt. Hingegen gelangte 
Tschechiens früherer Präsident Vaclav Havel erst dieser Tage zu dem 
bestürzenden Schluss, dass Putin Russland just ein neues autoritäres 
Zwangssystem unseligen Angedenkens aufzwinge.
In dieses Bild passen leider auch die Ausschreitungen russischer 
Bürger im Gefolge der Verlegung eines ehemals sowjetrussischen 
Kriegerdenkmals in der estnischen Hauptstadt Tallinn und die 
gestrigen gewaltsamen Übergriffe auf die Botschafterin Estlands und 
dessen diplomatische Vertretung in Moskau.
Auch dazu wird sich Wladimir Putin in Heiligendamm viele heikle 
Fragen gefallen müssen - sofern sie ihm gestellt werden.
In einer ebenfalls existentiellen Zukunftssache sollte aber auch 
George W. Bush endlich Farbe bekennen: ob er Deutschen und Europäern 
noch immer kategorisch abverlangt, die zu fast hundert Prozent 
islamische Türkei als Vollmitglied in die EU aufzunehmen. Darauf 
haben nicht nur Deutsche und Europäer, aber sie ganz besonders ein 
Anrecht.
Faire, redliche Partnerschaft ist keine Einbahnstraße.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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