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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Bayern-Wahl

Bielefeld (ots)

Mit dem Abstand dreier Tage klärt sich der Blick auf das Ergebnis der Bayern-Wahl. Und so manche Mythenbildung lässt sich nicht mehr halten. Zum Beispiel, dass die Grünen in den bayerischen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern stärkste Kraft geworden seien. Allerdings holten sie außerhalb Münchens nur in Würzburg ein Direktmandat; in Nürnberg, Erlangen, Regensburg, Ingolstadt und anderen Städten lag die CSU vorne. Obendrein verstiegen sich einige Analysten, die in Berlin und nicht in Bayern sitzen, zu der These, dass die CSU mit ihrem Sommerstreit über die Abweisung von Asylbewerbern an den deutschen Grenzen die AfD im Freistaat gestärkt habe. Das Gegenteil ist richtig: Während die AfD bei der Bundestagswahl am 24. September 2017 in Bayern 12,4 Prozent der Stimmen geholt hatte, waren es am vorigen Sonntag 10,2 Prozent. Natürlich kann man darüber, ob mit dem Asylthema der Wählerabfluss an die AfD (160.000) im Rahmen gehalten wurde oder die Grünen (170.000) stark gemacht wurden, unterschiedlicher Ansicht sein. Jedenfalls trifft beides zu. Bemerkenswert ist noch eine andere Zahl: Wie keine andere Partei konnte die CSU Nichtwähler mobilisieren, nämlich 340.000 Personen. Offensichtlich handelte es sich mehrheitlich um CSU-Sympathisanten, die sonst aus Bequemlichkeit nicht ihr Kreuz machten, weil der CSU-Sieg bislang immer sicher schien. Das war diesmal anders und trug mit zu einer höheren Wahlbeteiligung bei. Viel war von einem »Bayern-Beben« die Rede. Gebebt hat es bislang nur in der SPD, die rund die Hälfte ihrer Wähler in erster Linie an die Grünen verlor. Deswegen kommt das linke Spektrum in Addition auch nicht über 30,5 Prozent hinaus - gegenüber 64 Prozent bei den bürgerlichen Parteien. Wobei das Attribut »bürgerlich« auch in Bayern nicht auf alle Teile der AfD-Wählerschaft zutrifft. Denn auch dort ist der Einfluss des rechtsextremen Flügels um den thüringischen AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke groß. Vor allem in Franken, das direkt an Thüringen grenzt. Die CSU will fortan mit einer Partei regieren, die regional noch tiefer verwurzelt ist als sie selbst. CSU und Freie Wähler, das bedeutet: Bayern wird noch bayerischer. Und das bleibt nicht folgenlos. Aufgrund ihrer Verluste droht die CSU den Nimbus der mächtigen Regionalpartei, deren Wort auf Bundesebene und in Europa gehört wird, einzubüßen. Das könnte sich schon bei der nächsten Krise der Großen Koalition zeigen oder spätestens bei der nächsten Regierungsbildung in Berlin auswirken. Und die könnte schneller kommen als vermutet. Denn niemand kann vorhersagen, welche Kräfte wirken, wenn die SPD am 28. Oktober in Hessen ähnlich abschmiert wie in Bayern.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Chef vom Dienst Nachrichten
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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