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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum EU-Gipfel

Bielefeld (ots)

Die Finanzmärkte jubeln über Angela Merkel und die Ergebnisse des Brüsseler EU-Gipfels. Kein Wunder: Sie sind an kurzfristigen Gewinnen interessiert. Wenn die Zeche bezahlt werden soll, grasen sie schon längst auf dem nächsten fruchtbringenden Feld. Kurzfristig befreien die Brüsseler Beschlüsse die Volkswirtschaften Spanien und Italiens aus einer verhängnisvollen Spirale. Weil die Staatsanleihen dieser Länder ständig schlechter geredet und geratet werden als sie tatsächlich sind, meiden die Anleger sie schon jetzt wie der Macho das Geschirrtuch. Warum sollten sie sich in Gefahr begeben, wenn es gute Alternativen gibt? Dass die Gefahr eines Staatsbankrotts in Spanien und Italien real derzeit gar nicht vorhanden ist - na und? Wenn alle sich zurückhalten, müssen die Staaten höhere Zinsen zahlen. Irgendwann überschreiten sie dann eben doch ihre Verschuldungsgrenze. Selbsterfüllende Prophezeiung nennt man die Folge solchen Verhaltens. In der Finanzwirtschaft ist es sehr real. Anleger, die gegen den Strom schwimmen, sind eher selten. Hinzu kommt, dass eine Bankenrettung die Haushalte Spaniens und Italiens tatsächlich stark fordern würde. Das war schon so in Großbritannien, das war auch so in Deutschland. In diesen beiden und in anderen Fällen ist die Staatsverschuldung anschließend massiv nach oben gegangen. Dass Europa für Spanien und Italien eine europäische Auffanglösung konstruiert, verändert die Lage fundamental. Dadurch wird die Verantwortlichkeit von den Staaten genommen. Von hier bis zu gemeinsamen Anleihen, so genannten Eurobonds, ist es nur noch ein kleiner Schritt. Dieser kleine Schritt soll Bundeskanzlerin Angela Merkel das politische Überleben ermöglichen. Hinzu kommt der Plan, eine europäische Bankenaufsicht einzurichten. Es scheint, als halte die Kanzlerin damit immerhin einen Spatz in der Hand. Allerdings ist die Superbankenaufsicht vorerst nur ein Plan. Über ihre Macht und Kompetenzen sagt der Beschluss noch nichts. »Madame No Eurobonds« hat sich ihre Zustimmung von den Regierungschefs aus Madrid, Rom und Paris zu einem kleinen Preis abkaufen lassen. Die direkten Bankenhilfen aus Brüssel ersparen Spanien und Italien Auflagen, wie sie derzeit die griechische Volkswirtschaft niederhalten und die dortige Demokratie an den Rand des Zusammenbruchs bringen. Profitieren wird von den bisherigen Gipfelbeschlüssen kurzfristig die europäische Konjunktur. Deshalb jubeln die Finanzmärkte. Hinzu kommt ja noch ein 120 Milliarden Euro schweres Wachstumspakt. Das ist viel Geld, von dem zugegebenermaßen auch deutsche Unternehmen und ihre Mitarbeiter profitieren können. Die Sanierung der europäischen Staatshaushalte aber wird wieder einmal auf die lange Bank geschoben. Die junge Generation darf sich schon einmal auf den Besuch der Inkasso-Eintreiber einstellen, die ihnen in einigen Jahren die Rechnung präsentieren werden.

Pressekontakt:

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Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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