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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Griechenlands Staatsdefizit

Bielefeld (ots)

Giorgos Papandreou kommt viel rum in diesen
Tagen. Heute wird der griechische Ministerpräsident in Berlin 
Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen, morgen ist er in Paris bei 
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und am Dienstag in Washington 
bei US-Präsident Barack Obama zu Gast. Natürlich wird es immer nur um
ein Thema gehen: das griechische Staatsdefizit und mögliche Hilfen 
seitens der EU-Mitgliedsstaaten sowie des Internationalen 
Währungsfonds (IWF).
Den Besuch im Kanzleramt kann man sich vorstellen wie eine Partie 
Poker. Papandreou gibt den Zocker, der mit heruntergelassenen Hosen 
am Tisch sitzt und längst aus jedem Bierdeckel einen Schuldschein 
gemacht hat. Doch egal, was der Grieche bietet, Merkel kann stets 
einen höheren Einsatz verlangen.
 Das Besondere allerdings ist, dass auch die Deutsche - und mit 
Deutschland die gesamte EU - mehr zu verlieren als zu gewinnen hat. 
Am Ende könnte der gesamte Spieltisch ins Wanken geraten.
 Papandreou kann immerhin für sich beanspruchen, daheim den Regeln 
des Fairplay neues Leben eingehaucht zu haben. Mit dem drastischen 
Sparprogramm unterstreichen die Griechen ihren Willen, weiter mit von
der Partie zu sein. Auch die erfolgreiche Platzierung der 
Staatsanleihe gestern spielt ihm in die Karten.
 Gleichwohl muss Angela Merkel den Eindruck vermeiden, dass dies 
allein genügt, einen Automatismus der Hilfe in Gang zu setzen. Die 
Kanzlerin weiß nur zu genau um die Skepsis ihrer Landsleute. 
Zweifelsohne berechtigt ist der Hinweis, dass den reuigen Worten der 
Griechen erst noch handfeste Taten folgen müssen. Das Misstrauen hat 
seine Gründe. Zu lange und zu massiv haben die Griechen über ihre 
Verhältnisse gelebt, ganz zu schweigen von den Täuschungen und 
Tricksereien beim EU-Eintritt.
 Hinzu kommt die Gefahr, dass andere EU-Mitgliedsstaaten dem 
schlechten Beispiel Griechenlands folgen würden, wenn sie sich nur 
der Hilfe der EU sicher sein können. Auch Länder wie Spanien, 
Portugal, Irland und Italien stecken in Schwierigkeiten. Jedes 
Hilfsangebot könnte weitere Begehrlichkeiten wecken. Zudem sind die 
Regeln des Maastrichter Vertrag eng gesteckt. Wird das Verbot des 
Herauskaufens (»Bailout«) verletzt, wäre der Stabilitätspakt nur noch
Schall und Rauch.
Doch allen moralischen und juristischen Hürden zum Trotz: Im 
Zweifelsfall wird die EU Griechenland helfen müssen, vielleicht über 
den Umweg bilateraler Hilfen. Für Deutschland, das auch dann an 
erster Stelle gefordert sein würde, könnte das auf die KfW-Lösung 
hinauslaufen. Das mag teuer und unpopulär sein, wäre aber noch immer 
das kleinere Übel. Ein griechischer Staatsbankrott - wie immer man 
sich so etwas vorstellen mag - hingegen würde der EU und dem Euro 
schwersten Schaden zufügen.
 Es ist eben eine Pokerpartie mit einem verdammt hohen Einsatz.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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