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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Fleischpreisen

Bielefeld (ots)

Ist der Schweinepreis niedrig, verliert der
Bauer den Spaß an der Arbeit. Er wird, soweit er es vermag, die Zahl 
der Schweine in seinem Stall reduzieren. Als Folge wird das Fleisch 
bald weniger. Die im Wettbewerb stehenden Einzelhändler fürchten, 
ihren Kunden den Sonntagsbraten vorenthalten zu müssen. Undenkbar! So
zahlen sie lieber den Erzeugern mehr Geld - bis dem Kunden die hohen 
Fleischpreise zu viel werden und sie ihren Konsum reduzieren.
So geht es. So kennt man es. Und trotzdem läuft es diesmal anders. 
Die Preiserhöhungen im Lebensmittelhandel haben mit dem 
traditionellen »Schweinezyklus« wenig gemein. Angebot und Nachfrage 
sind als Preisregulatoren in die zweite Reihe getreten. Die Musik 
spielt jetzt andernorts - hauptsächlich auf dem Energiesektor und in 
Fernost.
Für den Landwirt ist es heute interessanter, in eine Biogas-Anlage zu
investieren oder Biosprit herzustellen als mit den Einkäufern von 
Aldi, Lidl, Penny, Plus & Co. über Zehntel Cents zu streiten. Die 
Voraussetzung für den Übergang vom Land- zum Energiewirt hat der 
Gesetzgeber aus guten Gründen geschaffen. Zum einen gelang es so, die
jahrzehntelange Talfahrt bei den Agrareinkommen zu stoppen. Zum 
anderen entlastet Bioenergie die Atmosphäre und schützt damit das 
Klima. Und nicht zuletzt setzt sich die Erkenntnis durch, dass alle 
fossilen Energiequellen begrenzt sind - umso begrenzter, je größer 
der Energiehunger Asiens.
Dabei haben die vergangenen Wochen und Monate gezeigt: Es sind nicht 
nur Energie, Stahl und andere Rohstoffe, wonach China und Indien 
hungern. Es sind auch nicht nur Autos und Möbel. Verlangt werden 
ebenso gute Lebensmittel. Diese aber werden nun mal, allen 
Gammelfleisch- und anderen Skandalen zum Trotz, in Mitteleuropa 
hergestellt. Für manche Molkerei ist es schlicht attraktiver, Milch 
oder Milchpulver weitab von der Kuh in Fernost zu verkaufen als an 
den Händler vor Ort. Das Gleiche gilt zunehmend auch für Fleisch.
Sicher muss bei der Rechnung auch berücksichtigt werden, dass der 
Landwirt heute mit anderen Kosten kalkulieren muss als noch vor zwei 
oder fünf Jahren. Futter und Energie sind viel teurer geworden, 
ebenso Maschinen - wegen der höheren Stahlpreise.
Von keiner der beschriebenen Entwicklungen ist anzunehmen, dass sie 
sich bald ins Gegenteil verkehren. Wohl stiege die Menge, wenn die 
Milchquote wegfiele. Der Preis aber ginge nur zurück, wenn die 
Überproduktion wieder so groß würde, dass Bauern gezwungen wären, mit
Verlust zu verkaufen.
Wollen wir das? Besser wäre es, wenn die Lebensmittel nicht nur 
teurer, sondern uns auch lieber würden. Von einem Euro, den wir 
ausgeben, fließen nur elf Cent in die Nahrung. Selbst wenn sich alle 
Preise verdoppelten, wären es erst 22 Cent.
Man soll die Bedeutung der Lebensmittelpreise fürs Familienbudget 
nicht herunterschrauben. Für die wirklich Armen sind sie ein Problem.
Für die anderen sind sie auch eine Chance. Wie groß wäre der Verlust 
an Lebensqualität, wenn nicht jeden Tag Fleisch auf den Tisch kommt?

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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