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Neue Westfälische (Bielefeld): Lage der nordrhein-westfälischen Landesregierung Effekthascherei vor Sachpolitik Florian Pfitzner, Düsseldorf

Bielefeld (ots)

Man wollte sich unbedingt abgrenzen vom Image der sozialen Kälte früherer schwarz-gelber Regierungen. So überlegten CDU und FDP in den Koalitionsgesprächen nach dem Wahlerfolg 2017, welche Marke für ihr Düsseldorfer Projekt stehen soll. Es wurde am Ende der nicht sonderlich originelle, zweifellos aber heimelige Name "NRW-Koalition". Die NRW-Koalition sollte das Land gerechter und freier gestalten, moderner und vor allem sicherer. Dafür hatte gerade die CDU im Wahlkampf geworben. Sie versprach eine "Expertenkommission" mit einem Vorsitzenden, dem sie eine hohe Kompetenz in Fragen der inneren Sicherheit zubilligt: Wolfgang Bosbach. Was er bislang geleistet hat? Schwer zu sagen. Die Kommission agiere "unabhängig und weisungsfrei", ließ die Landesregierung nach einer Kleinen Anfrage der SPD wissen, eine Unterrichtung sei "nicht vorgesehen". Emsig dagegen: die Vermarktungsabteilung des Innenministers. Herbert Reul, ein leutseliger Philologe mit einem Hang zur Flüchtigkeit, wird dieser Tage für seine Kampagne gegen kriminelle, oft arabischstämmige Clans gefeiert. Er störe ihre Kreise, funke hinein in ihre Geschäfte, jubeln diejenigen, die das Grundbedürfnis innere Sicherheit mehr denn je in Gefahr sehen. Man könnte schwer dagegen argumentieren, wenn es sich nicht um einen Etikettenschwindel handelte: In Wahrheit verkauft Reul die Bekämpfung der Kleinkriminalität als Bekämpfung der Clan-Kriminalität. Die Schlagzeile steht bei ihm vor der Substanz. Da liefert Innenminister Reul zuverlässig: bei der zunächst Missglückten Modernisierung des Polizeigesetzes, beim Lagebild zur Gewalt im Hambacher Forst. Nun ruft die NRW-Koalition das Jahr der "Weichenstellungen" aus. Sie stellt ihr Regierungshandeln in einen historischen Kontext. Mit Blick auf die Energiepolitik gilt das Mantra der "Versöhnung von Ökologie und Ökonomie". In den Monaten vor den Sitzungen der Kohlekommission hat Regierungschef Armin Laschet lange gezögert, bis er einmal zu Gesprächen ins rheinische Revier gefahren ist. Manches hält sie ein, die NRW-Koalition. Sie stockt Stellen auf, in Schulen, bei der Polizei, in der Justiz. Der Flüchtlings- und Integrationsminister Joachim Stamp, längst erholt vom Streit um die Abschiebung des Islamisten Sami A., sucht glaubwürdig eine ausgewogene Politik zwischen harter ("Gefährder")-Abschiebung und sinnvoller Eingliederung tadellos integrierter Menschen. Stamp hat sie kaum nötig, eine übertourige Vermarktungsmaschinerie.

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