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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Strukturwandel im Ruhrgebiet Grubengold und Gründergeist Florian Pfitzner, Düsseldorf

Bielefeld (ots)

Auf Kohle geboren - wer einmal auf Zeche Prosper-Haniel gewesen ist und nach einer Grubenfahrt mit der Mannschaft in der Pause saß, stieß zwangsläufig auf das Motto des FC Schalke 04. Mit Hingabe haben sie unter der Woche in ihrem Fußballstadion den Bergbau zu Grabe getragen, Kohle gehört hier zur Folklore. Tränenreich geriet der endgültige Abschied in Bottrop. Steigerlied. Schicht im Schacht. Kohle war der Kraftstoff der industriellen Revolution, das Ruhrgebiet der hochtourige Motor des Wirtschaftswunders, nachdem das "Grubengold" die Maschinerie zweier Weltkriege befeuert hat. Die Montanunion gilt als Keimzelle der EU, des - man sollte sich das gerade dieser Tage vor Augen führen - größten Friedensprojekts unserer Zeit. Im Revier ist man industrielle Großstrukturen gewohnt. Bereits zu Beginn der 1980er Jahre hat die NRW-CDU eine "Selbstständigkeitslücke" im Ruhrgebiet ausgemacht. Zugleich aber sah sie die Region als klassisches "Energiezentrum". Was die Kurierung alter Industriezweige anging, war man sich lange einig mit der mächtigen Sozialdemokratie. Kohle und Stahl sollten die Grundpfeiler des Ruhrgebiets bleiben - immerhin verdankten die Menschen ihnen den Aufstieg aus den Trümmern des Krieges. Die CDU hatte es indes auf die "Verflechtungen" der SPD in der Region abgesehen; gemeint war ein lähmendes Gekungel und Gemauschel. Argwohn erzeugte Abschottung. Es hat eine gewisse Tragik, dass die gewichtig eingeläutete "Ruhr-Konferenz" der schwarz-gelben Landesregierung heute ganz ähnliche Reflexe auslöst. Statt eine Erzählung für diesen riesigen Ballungsraum in der Mitte Europas hervorzubringen, droht man kleinmütig an Parteigrenzen zu scheitern. Dabei gibt es erfolgversprechende Wirtschaftsprojekte, in Bochum weht Gründergeist, genauso in Essen. Das Pathos, das nun das Ende des Steinkohlenbergbaus überlagert, kann einem auf die Nerven gehen. Ganze elf Jahre ist es her, dass die Politik den Ausstieg festgelegt hat für diesen gewaltigen industriellen Subventionsempfänger. Die RAG, 1969 als Stabilisator der Steinkohle gegründet, schätzt die Höhe der Staatshilfen für den "sozialverträglichen Rückzug" vorsichtig auf rund 130 Milliarden Euro. Es war ein langer Abschied, am Ende ist er gelungen. Was bleibt aus der Ära der Steinkohle? Auf Prosper-Haniel wissen sie das ziemlich genau. Ein Bergmann ließ sich - frei nach dem römischen Philosophen Cicero - die Tugenden seiner Grubenwehr in einen Arm stechen: Weisheit und Tapferkeit, Gerechtigkeit und Mäßigung. Gute Werte für die Zukunft. Glückauf!

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