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Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: EU-Streit um Freihandelsabkommen Noch maroder als gedacht Carsten Heil

Bielefeld (ots)

Die Erkenntnis ist nicht neu, dass es übel um die Europäische Union steht. In diesen Tagen wird das am Ausstiegsentscheid der Briten festgemacht. Wie zerrüttet aber die EU wirklich ist, zeigt der Streit schon allein um das Verfahren beim CETA-Beschluss. Dabei geht es gar nicht um Inhalte dieses weitreichenden Handelsabkommens zwischen Europa und Kanada. Nur allein die Frage, ob die nationalen Parlamente ebenfalls abstimmen müssen oder ob Brüssel das allein entscheiden kann, entzweit die Europäer einmal mehr. Allen Beschwörungen nach dem Brexit zum Trotz, dass es der EU gut gehe und Europa sie brauche - das gesamte EU-System ist marode, von Zweifeln und gegenseitigem Misstrauen zerfressen, in sich instabil, die politischen Verfahren sind ungeklärt. Jetzt rächt es sich, dass viele EU-Verträge bis hin zum Lissabon-Vertrag in langen Nachtsitzungen zwischen den Regierungschefs ausgehandelt wurden, mit Rücksichten auch auf den kleinsten Extrawunsch. Viele faule Kompromisse zerfraßen die Struktur. Auch wenn vom Lissabon-Vertrag die Rechte des Europaparlamentes deutlich gestärkt worden sind, blieben viele Menschen in Europa skeptisch. Die Iren, Franzosen und andere lehnten in Referenden verschiedene Fassungen ab. Auch in Deutschland gab es Zweifel am Verfahren selbst beim Bundesverfassungsgericht. Das zeigt: Es herrscht eine ablehnende Haltung der Menschen in Europa gegenüber der EU vor. Es ist aber zu einfach, in der CETA-Debatte das Ergebnis der Abstimmung in Großbritannien damit zu erklären, die Briten wollten nur die Bürokratie in Brüssel nicht mehr und verlangten transparentere Verfahren, wie es Linke und Grüne machen. Es ging im Wahlkampf auf der Insel um Geld und um Zuwanderung, nicht in erster Linie um "die da in Brüssel". Natürlich wird Kommissionspräsident Juncker zum Problem in seiner Selbstherrlichkeit. Aber auch beim Thema CETA geht es aktuell mehr um Aufgeregtheiten und Dünnhäutigkeit als um die Sache. Aber sollen wirklich Regionalparlamente in Belgien über ein international wichtiges Vertragswerk abstimmen? Das wäre die Folge, wenn das Verfahren weg von der EU auf die Nationalstaaten verlegt würde. Es stehen wichtige Entscheidungen an, auch das Abkommen mit den USA (TTIP) zählt dazu. Der Brexit hat dazu geführt, dass all das aufgeregt debattiert wird.

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