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Neue Westfälische (Bielefeld): Experten streiten um Sterbehilfe-Gesetz Zum Sterben nach Hessen Martin Fröhlich

Bielefeld (ots)

Dieses Gesetz ist anders als alle anderen. Die Frage nach der Sterbehilfe erreicht eine andere Dimension als Probleme des Datenschutzes, der Gleichberechtigung und der Terrorabwehr. Es geht um eine der grundsätzlichsten Entscheidungen unseres Daseins: Darf man jemandem das Leben nehmen, wenn er das will? Schon theologisch, ethisch und medizinisch berührt das Thema Tabus, spaltet die Nation. Tatsache ist, dass es einen Bedarf gibt. Dass Menschen, die unheilbar krank sind, den letzten, kaum erträglichen Weg ihres Leidens nicht gehen wollen. Diejenigen, die dabei Hilfe brauchen, fordern diese ein. Nicht nur Juristen und Politiker streiten um Sterbehilfe, auch die Ärzte tun das. Darf ein Mediziner dabei helfen, Leben zu beenden? Oder muss er es um jeden Preis erhalten? Die Gesellschaft hat dem Patientenwillen mehr Bedeutung eingeräumt. Der Bundesgerichtshof hat diesen 2010 gestärkt. Patientenverfügungen gehören zum Alltag. Die erlaubte Sterbehilfe wird das bald auch tun. Die Politik muss nun deren Grenzen festlegen und den medizinischen Vorgang entkriminalisieren. Die Kritik der Experten des Bundestages an den Gesetzesentwürfen ist wichtig und allemal besser als ein Schnellschuss der Legislative. Das Argument der Verfassungsmäßigkeit darf aber nicht zur Pauschalbarriere geraten. Auch ein Grundgesetz ist keine heilige Kuh. Es hat seit 1949 bereits 60-mal Änderungen erfahren. Modifikationen, die geänderte Lebenswirklichkeiten spiegeln. Die Frage ist, in welchem Punkt der Konflikt zum Grundgesetz besteht und ob eine Änderung in Betracht käme. Auf keinen Fall darf das Sterbehilfegesetz an den Grenzen des Standesrechts der Ärzte scheitern. Standesrecht ist Landesrecht. Doch diese Barriere muss im Zweifelsfall aus dem Weg geräumt werden. Wenn das bestmögliche Gesetz erfordert, dass Bund- und Länderkompetenz neu geordnet werden, dann muss das eben sein. Sonst heißt es wegen unterschiedlicher Rechtslagen bald "Zum Sterben nach Hessen" statt wie bisher "Zum Sterben in die Schweiz".

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