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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel von Christine Schröpf zur CSU

Regensburg (ots)

Eine Doppel-Spitzenlösung soll's richten. Die CSU will den Abwärtstrend originellerweise damit stoppen, dass sie die beiden größten Rivalen aneinanderkettet. Horst Seehofer und Markus Söder müssen nun zehn lange Monate bis zur Landtagswahl größtmögliche Harmonie demonstrieren. Klingt schwierig, ist aber wohl noch das kleinere Problem. Die ersten Kostproben der neuen Einigkeit absolvierten beide wie lockere Fingerübungen. Seehofer lobte Söder, Söder lobte Seehofer. Beides ohne Stocken oder Zögern. Die CSU war schon immer auch eine Partei des politischen Pragmatismus. Entscheidend ist allerdings nicht, was das neue Tandem am Ende an guter Performance, sondern an neuen Politikkonzepten zu bieten hat. Die Lage im Freistaat verlangt zwingend ein Ende der Selbstbeschäftigung. Die klassische Parteienlandschaft befindet sich in Auflösung. Die Schwäche der CSU ist dafür nur ein Indiz. Die AfD, die bisher im Freistaat mitnichten durch überzeugende Lösungsvorschläge von sich reden machte, ist in Umfragen mit nur noch hauchdünnem Abstand an die Sozialdemokraten herangerückt. Eine Entwicklung, die zeigt, wie sehr das Vertrauen der Wähler in die etablierten Institutionen nachgelassen hat. Auch darauf müssen Seehofer und Söder rasch Antworten finden. Gradmesser für den Erfolg ist die Landtagswahl. Söder kann nicht zwingend garantieren, dass die CSU im Herbst 2018 die absolute Mehrheit verteidigen wird. Er polarisiert. So sehr es ihm gelingt, Menschen für sich zu begeistern, so sehr schreckt er andere auch ab. Seine Gegner betrachten ihn als unverbesserlichen Ehrgeizling. Entscheidend wird sein, wie er nach seinem frühzeitigen Amtsantritt als Ministerpräsident agiert und was die dann große Machtfülle mit ihm macht. Er könnte, endlich am Ziel seiner Wünsche, zur Ruhe kommen und landesväterliche Eigenschaften entwickeln. Er könnte auch alle Vorurteile und Urteile bestätigen. Gefährlich für die CSU: Mit der 38,8-Prozent-Pleite bei der Bundestagswahl ist der Nimbus der Unbezwingbarkeit zerplatzt. Die jüngste Umfrage beweist, dass es kein einmaliger Denkzettel der Wähler war. Gelingt es Söder und Seehofer nicht binnen weniger Wochen, diesen Trend zu stoppen, steht die Tandem-Lösung rasch auf dem Prüfstand. Schon bei der Klausur der Landtagsfraktion im Januar könnte es soweit sein. Die Nervosität der Abgeordneten ist groß. Seehofer ist in einer besonders verzwickten Situation. In München ist er seit Montag ein Ministerpräsident auf Abruf. Ein prestigeträchtiges und für ihn passendes Ressort in Berlin - denkbar wäre das Ministerium für Arbeit und Soziales - ist ihm auch als CSU-Chef nicht gewiss. Die SPD, so sie denn am Ende erneut eine große Koalition eingeht, wird ihr Kerngebiet nicht ohne Weiteres aufgeben. Kommt es zu einer Minderheitsregierung, hätte Seehofer zwar fast freie Auswahl. Es wäre bei diesem Experiment allerdings wohl ein Amt auf Zeit, weil dennoch über kurz oder lang mit Neuwahlen zu rechnen ist. Das nächste Jahr könnte für Seehofer also leicht den endgültigen Abschied aus der Politik bedeuten. Es naht das Ende für einen, der seit seinem Amtsbeginn 2008 in Bayern sehr viel richtig gemacht hat. Er hat Gespräche mit den Bürgern ganz selbstverständlich auf Augenhöhe geführt. Ihm war und ist stets anzumerken, dass er sein Gespür für die Nöte der sogenannten kleinen Leute nie verloren hat, stammt er doch selbst aus einem Elternhaus, in dem mit jedem Pfennig gerechnet worden ist. Er hat - auch das beweist Größe - seinen Nachfolger im eigenen Kabinett groß werden lassen. Seehofer war es, der Söder das einflussreiche Finanzressort übertrug, samt Heimatministerium in Nürnberg als Dreingabe.

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