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Mittelbayerische Zeitung: Es reicht nach Verrat
Einst musste Moskau Spione in Washington einschleusen. Heute erhält Putin Staatsgeheimnisse von Trump. Leitartikel von Thomas Spang

Regensburg (ots)

Nicht nur die Optik passte nicht. Auch die Substanz des Empfangs des russischen Außenministers Sergej Lawrow im Oval Office am Tag nach dem Rauswurf des Mannes, der über die Ermittlungen in der Russland-Affäre wacht, hinterlässt das nackte Entsetzen. Munter plauderte Trump bei seinen neuen Freunden aus dem Kreml hochsensible Geheimdienst-Informationen über den Islamischen Staat aus. Er brüstete sich mit Erkenntnissen seiner Schlapphüte, die so vertraulich sind, dass sie mit einem Codeword versehen sind, und nicht einmal mit befreundeten Nationen, oder mehr als ein paar ausgewählten Kongressmitgliedern geteilt werden dürfen. Schlimmer noch. Donald Trump brach ein absolutes Tabu in der Welt der Spione. Er gab Informationen weiter, die fremde Dienste den USA mit strikten Auflagen zur Verfügung gestellt haben. Dieses Verhalten ist nicht nur absolut unverantwortlich. Es riskiert das Leben der Menschen, die essenzielle Einsichten in das Terrornetzwerk geliefert haben und setzt die nationale Sicherheit aufs Spiel. Entweder handelte Trump unbedacht oder er belohnte Moskau für seine Schützenhilfe im Wahlkampf. Beides geht überhaupt nicht und zeigt, wie sehr dieser Präsident eine Gefahr im Amt ist. Der Geheimnisverrat folgt der nicht minder skandalösen Entlassung James Comeys. Der FBI-Direktor musste gehen, weil der Präsident "diese Russland-Trump-Sache" nach eigener Darstellung für "eine erfundene Geschichte" hielt. Für dieses Vorgehen Trumps gibt es einen Tatbestand: Behinderung der Justiz. Dass er diesmal nicht nur verbal gegen eine unabhängige Institution des Rechtsstaats wettert, sondern deren Chef aus dem Amt entfernte, markiert eine Zäsur in der jungen Präsidentschaft. Es zeigt, dass Trump bereit ist, seinen Worten Taten folgen zu lassen. Dies ist ein kritischer Moment in der amerikanischen Geschichte, in dem sich die demokratischen Institutionen beweisen müssen. Die amerikanischen Medien haben diesen Test bisher vorbildlich bestanden. Aus Furcht vor den Nachfragen der kritischen Reporter versteckte sich der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, nach dem Rauswurf Comeys sprichwörtlich in den Büschen. Und auch im jüngsten Fall verdankt die Öffentlichkeit wieder einmal einem Organ der Freien Presse, der Washington Post, um den Geheimnisverrat an die Russen im Oval Office zu wissen. Auch die Justiz hat bisher den Versuchen Trumps standgehalten, sie zu unterminieren. Die Bundesrichter haben den Präsidenten ein ums andere mal auflaufen lassen - vom Muslim-Bann bis zu den Sanktionen gegen Städte, die nicht mit der Einwanderungspolizei kooperieren. Allein der Kongress hat seine Kontrollfunktionen bisher nicht ausgeübt. Die Speichelleckerei des republikanischen Speakers Paul Ryans und Senatsführer Mitch McConnell lässt sich nicht mehr rechtfertigen. Wenn die beiden nicht als Totengräber der liberalen Demokratie in Amerika oder Mitverschwörer beim Geheimnisverrat an eine gegnerische Macht eingehen wollen, müssen sie zwei Dinge tun. Erstens für einen unabhängigen Nachfolger an der Spitze des FBI sorgen und zweitens die Einleitung eines Amtsenthebungs-Verfahrens erwägen. Der gewöhnlich bedächtige Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im US-Senat, der Republikaner Bob Corker, sagt es am besten: Dieses Weiße Haus befindet sich auf einer Abwärts-Spirale. Die offene Frage bleibt nur, wann Trump ganz unten ankommt, und wie viel Schaden er bis dahin angerichtet hat. Der Geheimnisverrat im Oval Office lässt das Schlimmste befürchten.

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