All Stories
Follow
Subscribe to Mittelbayerische Zeitung

Mittelbayerische Zeitung

Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu US-Präsident Trump

Regensburg (ots)

Ginge es nach den Wünschen vieler Europäer, vor allem vieler Deutscher, dann wäre der Spuk bald vorbei. Donald Trump scheitert krachend, verlässt beleidigt das Weiße Haus und versinkt in der Geschichte der USA als Anekdote, die allenfalls für Satiresendungen und wissenschaftliche Studien mannigfaltiger Fachrichtungen taugt. Das Blöde daran: Das ist Wunschdenken. Mit der Gesundheitsreform, oder besser: den trumpschen Versuchen, die Gesundheitsreform seines Amtsvorgängers Obama zu revidieren, meinen die Beobachter ein neues Ende Trumps zu erahnen. Es ist richtig: Die Fakten sprechen dafür, dass ein Gelingen dieser neuen Reform in den Sternen steht. Das Repräsentantenhaus hat das Gesetz knapp abgesegnet, obwohl Trump dort eine relativ sichere Mehrheit hat. Und dennoch sind viele von seiner Seite gewichen. Nun geht es aber in den Senat, und dort ist die Mehrheit des Präsidenten geringer. Würde dort das Gesetz verändert, müsste es wieder ins Repräsentantenhaus. Ausgang ungewiss. Und wenn es das Haus verlässt, könnte von der jetzt schon abgespeckten Version am Ende nicht viel übrig bleiben, was Trump als echte Reform verkaufen kann. Dazu kommt erschwerend, dass in eineinhalb Jahren das Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt werden. Viele Republikaner werden Probleme haben, ihren Wählern eine Reform zu verkaufen, die ihre Krankenversicherung verteuern wird. Und die Demokraten dürften viele Unzufriedene zurückgewinnen. Die Karten werden neu gemischt für Trump und seine Politik, die bisher ohnehin nur aus Ankündigungen und gescheiterten Vorhaben besteht. Trump braucht einen Erfolg, um sein Image zu verbessern. Aber er braucht keinen Erfolg, um im Amt zu bleiben. Dieser Präsident interessiert sich nicht für Ideale. Er interessiert sich für gute Geschäfte. Er hat gute Deals für die Amerikaner versprochen. Das sagt einer, der mehrfach die Erfahrung gemacht hat, dass Deals auch scheitern können und am Ende die Pleite steht. Nur ist Trump deswegen nicht in Sack und Asche gewandert und nicht obdachlos geworden. Ähnlich dürfte er auch agieren, wenn es mit seiner Politik nicht klappt. Abgesehen davon ist ein vielleicht eines Tages gescheitertes Gesundheitspaket kein Grund für einen US-Präsidenten, sein Amt zur Disposition zu stellen. Siehe Obama: Der Widerstand gegen seine Reform war ungeheuerlich. Am Ende wurde sie Realität und er zum zweiten Mal Präsident. Und einen Ethos für das Amt wie Obama lässt Trump völlig vermissen. Wo sein Vorgänger vielleicht persönliche Konsequenzen gezogen hätte, wird Trump seinen Frust bei einer Runde Golf ablassen. Dieser Präsident wird seinem Land und der Welt noch eine Weile erhalten bleiben. Zumal es einen nicht geringen Teil der Amerikaner gibt, die ihm trotz (oder wegen) aller Wortblasenpolitik und Lenkraketen-Feuerwerksbildern die Stange halten. Es ist gerade bei dem Angriff auf Syrien übrigens eine Frage wert, warum Assads Verbündeter Russland nicht eingegriffen hat. Es wäre ein Leichtes gewesen, die Raketen abzufangen. Ein Schelm, wer an eine mit Putin abgesprochene Aktion denkt, mit der Trump sein Image aufpolieren durfte. Trump wird bleiben. Ein Amtsenthebungsverfahren ist langwierig, vielleicht dauert es länger als die erste Amtszeit. Denn noch gibt es keinen, der es ernsthaft einleiten sollte. Mit welchem Vorwurf auch? Es gäbe da zwar einen: Trumps ungeklärtes Verhältnis zu Russland und dessen Einfluss auf seine Wahl. Doch auch dieses ernsthaft besorgniserregende Thema ist von Trumps Gegnern noch nicht mit der Härte verfolgt worden, die es für den Vorwurf des Verrats bräuchte. Nichts anderes wäre es, wäre Trump mithilfe Putins ins Amt gekommen. Wir werden Trump ertragen müssen - so schwer es sein wird. Wir werden hinnehmen müssen, dass er versucht, sein Land nachhaltig zum Schlechteren zu verändern. Den Abbau des Staates, für den auch Trumps verkorkster Gesundheitsreformversuch steht, wird er massiv weiter vorantreiben. Amerika wird danach lange brauchen, um sich vom Desaster der Trump-Jahre zu erholen.

Pressekontakt:

Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de

Original content of: Mittelbayerische Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Mittelbayerische Zeitung
More stories: Mittelbayerische Zeitung