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Mittelbayerische Zeitung: Leitartikel zu Olympia/Gauck: Gerne etwas kleiner von Jürgen Scharf

Regensburg (ots)

Es ist ein ganz persönlicher Wunsch des deutschen Bundespräsidenten. Er würde sich sehr freuen, sagte Joachim Gauck im November, wenn es einmal wieder Olympische Spiele in Deutschland geben würde. Angesichts der Tatsache, dass sich in Hamburg und München die Mehrheit der Bürger zuletzt gegen Bewerbungen entschieden, deutet aber wenig darauf hin, dass sich dieser Wunsch schnell erfüllen wird. Die Einstellung der Menschen in Deutschland - wie auch in vielen anderen Ländern - gegenüber sportlichen Großveranstaltungen wird sich nur verändern, wenn sich die Sportverbände selbst bewegen. Das kommende Jahr wäre dafür eine sehr gute Gelegenheit. Zu teuer! Die Kosten für die Austragung von Olympia oder sonstigen internationalen Wettkämpfen sind der größte Kritikpunkt. Und überhaupt sei die Sportwelt durch Doping und Korruption verseucht, heißt es. An all den Vorwürfen ist etwas Wahres dran. Es ist auch eine Mär, dass durch sportliche Großveranstaltungen die Wirtschaft nachhaltig angekurbelt wird. Auch der infrastrukturelle Fortschritt, den die Menschen im Alltag spüren, hält sich in Grenzen. Hier eine neue Autobahnausfahrt, dort eine neue U-Bahn-Station, das ist gut und schön. Es kann aber zu Recht gefordert werden, dass man für das viele Geld lieber Kindergärten baut. Auf ewig den totalen Boykott auszurufen, ist aber der falsche Weg. Olympia in Deutschland? "Das wäre doch wirklich etwas besonders Schönes", sagte Bundespräsident Gauck. Das mag banal klingen, ist aber der entscheidende Punkt. Im Idealfall ist ein Sportereignis gar nicht in Neubauten oder nackten Zahlen zu messen. Es soll, wie Gauck es sagt, schlicht "etwas Schönes" sein. Eine Veranstaltung, die über alle Grenzen hinweg die Menschen verbindet. Ein Erlebnis, das insbesondere in Zeiten des Terrors das wichtige Zeichen, das die Weltgemeinschaft noch funktioniert, sendet. Im kommenden Jahr wird es keines der zwei ganz großen Sportereignisse geben. Olympia und Fußball-WM pausieren. Umso mehr könnte 2017 dafür genutzt werden, die Menschen Stück für Stück wieder für das Kulturgut Sport zu begeistern. Die Voraussetzungen dafür sind ideal. Im Sommer gibt es die Leichtathletik-WM in London. Dort fanden vor vier Jahren tolle olympische Sommerspiele statt. Die Bürger der britischen Metropole werden die Sportler und Touristen aus aller Welt sicher wieder ähnlich entspannt und offen empfangen. In Deutschland könnte bereits im Mai eine ähnliche Atmosphäre zu erleben sein. In Köln wird eine Hälfte der Spiele der Eishockey-Weltmeisterschaft ausgetragen. Und genau wie in London gibt es hier einen großen Vorteil: Die Sportstätte ist bereits vorhanden. Es muss nicht, wie so oft, ein riesiges Stadion, das viel Geld kostet, aus dem Boden gestampft werden. Dieser Gigantismus wurde auch zu Recht hart kritisiert. Momentan gibt es zumindest Anzeichen dafür, dass die Sportwelt zur Besinnung kommt. In Katar, das die Fußball-WM 2022 organisiert, wurde etwa die Zahl der neu zu bauenden Stadien - durchaus überraschend - reduziert. Im Idealfall werden sich die internationalen Sportverbände ganz allgemein vom "Immer größer, immer teurer"-Motto verabschieden. Es darf ruhig auch einmal etwas kleiner und billiger sein - die Wettkämpfe sind deswegen genauso schön. Leider ist es aber wieder einmal der Fußball, der zuletzt ein völlig falsches Zeichen setzte. Dass die Überlegungen von Fifa-Präsident Gianni Infantino, die WM-Endrunde von 32 auf 40 Mannschaften auszuweiten, selbst innerhalb der Fußball-Szene harsch kritisiert werden, spricht für sich. Die Sportverbände tun gut daran, in Zukunft etwas zurückhaltender zu planen. Ansonsten werden sie weiter mit demonstrierenden Bürgern, wie zuletzt bei Olympia in Rio, konfrontiert werden. Bundespräsident Gauck sagte zu Recht, dass es derzeit vor allem um eines geht: Bestimmte Sportorganisationen müssen das verlorene Vertrauen der Menschen zurückgewinnen. Das ist eine schwere Aufgabe - und das kommende Jahr ist ein guter Zeitpunkt, um damit anzufangen.

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