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Presseinformation: acatech stellt IMPULS Gesundheitsdatennutzung vor

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Acatech zu Gesundheitsdatennutzung: Differenzierte Datenfreigabe statt simplem Opt-Out

Die Einführung von Opt-Out bei der Elektronischen Patientenakte durch die Bundesregierung rückt die Debatte über Daten in der Medizin in den Fokus öffentlicher Diskussion. Der neu erschienene acatech „IMPULS Gesundheitsdatennutzung – sicher und souverän“ fordert weitreichenderen Lösungen zum Datenschutz, eine verbesserte Datenqualität und eine zielführendere Kommunikation.

Die vollständige Pressemeldung dazu finden Sie weiter unten in der E-Mail oder hier.

Zum acatech IMPULS „IMPULS Gesundheitsdatennutzung – sicher und souverän“ geht es hier.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Uhlhaas

acatech - Deutsche Akademie der TechnikwissenschaftenLeiter Kommunikation | Medien

Tel.: +49 89 520309-60

uhlhaas@acatech.de

Presseinformation Auch die Risiken des Nicht-Nutzens beachten: acatech Impuls zeigt Handlungsbedarf bei der Nutzung von digitalen Gesundheitsdaten

München, 7. Juni 2023. Die Medizin in Deutschland bleibt hinter ihren Möglichkeiten, solange sie Daten unzureichend nutzt. Wie sich das ändern kann, erörtert der heute erschienene Impuls „Gesundheitsdatennutzung – sicher und souverän“. Neben bundeseinheitlichen Regeln, differenzierter Datenfreigabe und Wegen zu einer höheren Datenqualität regt die Arbeitsgruppe eine öffentliche Debatte an: Angesichts des offensichtlichen Nutzens von Gesundheitsdaten seien die Risiken des Nicht-Nutzens schwerwiegend.

Noch immer rattern in Praxen und Krankenhäusern quer durch die Bundesrepublik Drucker, piepen Faxgeräte, türmen sich Karteikarten. „Wie oft werden heute noch medizinische Informationen, die bereits digital gespeichert sind, ausgedruckt und zum nächsten Arzt getragen? Dort müssen die Informationen durch qualifizierte Fachkräfte dann wiederum in ein Computersystem eingespeist werden“, schreibt Olaf Dössel eingangs des acatech Impulses. Er ist Professor für Biomedizinische Technik am KIT (Karlsruher Institut für Technologie) in Karlsruhe und leitet gemeinsam mit Professor Thomas Lenarz (Direktor an der Medizinischen Hochschule Hannover) stellvertretend das acatech Themennetzwerk Gesundheitstechnologie.

Der papiergebundene Datenaustausch kostet nicht nur Zeit, die besser für Patientinnen und Patienten zur Verfügung stehen sollte: „Die Vorteile der Nutzung digitaler Gesundheitsdaten in der Medizin sind mittlerweile so offensichtlich, dass es fahrlässig wäre, sie nicht zu verwenden“, sagt Thomas Lenarz.

  • Individuelle Therapien werden mit Hilfe von digitalen Gesundheitsdaten passgenauer, vorausschauender und ganzheitlicher. Das Gesundheitssystem kann auf Vorbeugung statt auf Symptombehandlung ausgerichtet werden.
  • Mehrfachuntersuchungen oder unnötige Behandlungen werden verhindert, wenn Ärzte den vollständigen Blick auf alle Gesundheitsdaten der Patientinnen und Patienten haben.
  • Pandemien können effektiver bekämpft werden – gerade hier legte die Corona-Pandemie gravierende Schwächen offen, weil wichtige Daten zeitverzögert und teils ungenau vorlagen.
  • Digitaler Datenaustausch bringt auch mehr Effizienz und damit weniger unnötige Kosten und mehr Zeit für Patientinnen und Patienten.

Damit Daten zum Wohle der Gesundheitsversorgung effektiv nutzbar werden, müssen grundlegende Veränderungen im Gesundheitswesen erfolgen. Die Arbeitsgruppe hat Vorschläge entwickelt, wie Daten in guter Qualität erhoben, geteilt und genutzt werden können. Darüber hinaus sieht sie Veränderungsbedarf in der Aus- und Weiterbildung, in der Innovationsförderung und in der öffentlichen Meinungsbildung.

Weg von pauschalen Opt-In- oder Opt-Out-Modellen

„Insbesondere die Freigabe der Daten für die Nutzung in der Forschung müssen wir viel besser organisieren, als es sich bisher in Deutschland abzeichnet“, sagt Olaf Dössel. „Pauschale Opt-In- oder Opt-Out-Modelle, greifen zu kurz“. Der acatech Impuls schlägt ein differenziertes Modell vor, das von souveränen Patientinnen und Patienten ausgeht. Sie sollen einfach und nachvollziehbar entscheiden können, wem sie welche Daten für welche Zwecke freigeben. In die zukünftige Verordnung zum European Health Data Space sollte daher eine differenzierte Datenfreigabelösung aufgenommen werden.

Europa ist bei den Regelungen zum Datenschutz weltweit führend, stellt die Arbeitsgruppe in ihrem Impuls fest. Die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mache Datenverfügbarkeit mit dem Ziel einer besseren Gesundheitsversorgung und Datensouveränität für den Einzelnen vereinbar. Jedoch bremse in Deutschland eine föderal zersplitterte Auslegung neue Entwicklungen aus. Die Bundesregierung sollte deshalb die Auslegung der DSGVO im Rahmen des Gesundheitsdatennutzungsgesetzes vereinheitlichen. Nur so erreichen wir Rechtssicherheit und klare Rahmenbedingungen.

Öffentliche Debatten um digitale Gesundheitsdaten kreisen häufig um die Risiken und um die Abgrenzung, wer die Daten nutzen darf. Die Arbeitsgruppe von acatech verschweigt Risiken – beispielsweise Hackerangriffe und die Gefahr einer Re-Identifizierung – nicht. Sie möchte aber auch den Nutzungszweck ins Zentrum stellen. „Viel wichtiger für meine Entscheidung, welche Gesundheitsdaten ich freigebe, ist doch die Frage, wie und wozu meine Daten genutzt werden. Wenn es um Forschung geht, dann brauchen auch forschende Unternehmen zwingend Zugang“, sagt Thomas Lenarz. „Sie bestreiten einen Großteil der medizinischen Forschung und Entwicklung, sie durchlaufen die aufwändigen Zulassungsverfahren neuer Medikamente und innovativer Medizintechnik und sie sind unverzichtbar, wenn neue Erkenntnisse der Medizin beim Menschen ankommen sollen.“

Die Datenqualität muss stimmen

Die acatech Arbeitsgruppe spricht sich für klare Standards bei der digitalen Dokumentation aus, die innerhalb der European Health Data Space Verordnung verpflichtend definiert werden sollten. Eine gute Möglichkeit sei, den FHIR-Standard (Fast Healthcare Interoperability Resources) flächendeckend einzuführen, der heute bereits in den USA und in Israel verbreitet ist.

„Als PDF oder völlig unstrukturiert sind Daten weder für die medizinische Versorgung noch für die Forschung verwendbar“, warnt Olaf Dössel. Die Datenqualität entscheide über ihren Mehrwert für die Gesundheitsversorgung.

Eine vorbeugende Medizin wird möglich

Es sind viele kleine Details, die eine datengestützte Gesundheitsversorgung heute ausbremsen – doch in vielen Bereichen ermöglichen digitale Daten erst eine neue Medizin. Hermann Requardt, Mitglied des acatech Präsidiums und der Arbeitsgruppe zu Gesundheitsdaten: „Aktuell fokussiert unser Gesundheitswesen vor allem auf die Behandlung von Krankheiten. Dieses Modell hinkt sowohl der medizinischen als auch der demografischen Entwicklung hinterher. Beispielsweise werden Rückenleiden aufwändig behandelt, bis hin zur Operation. Es wäre doch viel besser, sie zu verhindern.“

Chronische Krankheiten, wie z. B. Rückenschmerzen, Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Erkrankungen der Sinnessysteme oder auch Demenz-Erkrankungen sind komplexe Krankheitsbilder. Sie werden immer besser diagnostizierbar, haben eine jahrzehntelange Vorgeschichte und lassen sich durch gezielte Vorbeugung beeinflussen. Hermann Requardt: „Nur eine personalisierte Behandlung verspricht reelle Präventions- und Heilungschancen – und sie ist möglich, sobald Gesundheitsdaten verknüpfbar sind. Wir erreichen dann eine neue Stufe evidenzbasierter Medizin. Darauf muss sich unsere Gesundheitsversorgung insgesamt einstellen: Sie muss Anreize und Vergütungssysteme viel stärker auf den Erhalt von Gesundheit und Lebensqualität ausrichten.“

Christoph Uhlhaas
Leiter Kommunikation, Medien & Politik | Head of Communications, Media & Politics
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Registergericht AG München | District Court Munich, VR 20 20 21

Vorstand i.S.v. | Board acc. to §26 BGB: Prof. Dr.-Ing. Thomas Weber, Prof. Dr.-Ing. Johann-Dietrich Wörner, Manfred Rauhmeier

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