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NRZ: Kommentar zu Norbert Röttgen von JAN JESSEN

Essen (ots)

Vor einigen Tagen hat Norbert Röttgen das marode Atomlager Asse in Niedersachsen besucht. Die Asse ist ein altes Salzbergwerk. Unten, in 750 Meter Tiefe, begegnete Röttgen einem Bergmann. Der Bergmann sagte: "Glück auf!". Röttgen antwortete: "Guten Tag". Ein kleiner Lapsus, mag sein. Aber auch ein Indiz dafür, dass es in den kommenden drei Monaten nicht einfach werden wird für den Christdemokraten, der sich anschickt, Ministerpräsident von NRW zu werden.

Kein Vertun: Norbert Röttgen ist blitzgescheit. Er kann druckreif reden und klug analysieren. Und ehrgeizig ist er allemal. Aber Volksnähe liegt ihm nicht. Das wird ihm zum Nachteil gereichen. Nordrhein-Westfalen gewinnt man nicht mit messerscharfem Intellekt und Ehrgeiz allein. Nordrhein-Westfalen gewinnt, wer die Hirne UND die Herzen der Menschen erreicht. Landesvater kann man nicht spielen, das merken die Leute. Zuletzt hat das Jürgen Rüttgers erfahren müssen.

Vor allem aber muss man bei der Sache sein. Voll und ganz. Norbert Röttgen signalisiert, dass NRW nur dann eine Option ist, wenn er auf dem Chefsessel Platz nehmen kann. Damit tut er sich und seiner Partei keinen Gefallen. Natürlich ist Horst Seehofers Empfehlung vergiftet, Röttgen solle sich ohne Rückfahrkarte seiner Aufgabe als CDU-Spitzenkandidat verschreiben; der CSU-Chef hat einige Rechnungen mit dem smarten Merkel-Vertrauten offen. Es sei nur an den Streit um die Atom-Laufzeitverlängerung vor zwei Jahren erinnert.

Aber in der Sache hat Seehofer recht: Röttgen muss sein Amt als Bundesumweltminister niederlegen, wenn er an Rhein und Ruhr eine Chance haben will. Das Problem: Wird Röttgen nicht Ministerpräsident - und dafür spricht derzeit schon mangels realistischer Bündnisoptionen einiges - wäre er dazu verdammt, fünf Jahre in Düsseldorf die Oppositionsbank zu drücken. Das Berliner Spiel ginge völlig an ihm vorbei. Bitter für einen, dem nachgesagt wird, sich durchaus vorstellen zu können, irgendwann ins Kanzleramt einzuziehen. Aber dieses Risiko muss Röttgen schon auf sich nehmen, wenn er in NRW punkten will.

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