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WAZ: George W. Bush. Eine Bilanz - Getriebener und Antreiber - Leitartikel von Markus Günther

Essen (ots)

Globale Reiz- und Hassfigur, Krisenmanager und
Kriegsherr, Ideologe und Weltenlenker - all das war Bush im 
wesentlichen in den ersten vier Jahren, als sich die Ereignisse 
förmlich überschlugen. Die Anschläge vom 11. September 2001, der 
Beginn der Kriege in Afghanistan und im Irak, die Eröffnung des 
Lagers Guantánamo und der Skandal um die Misshandlung von Häftlingen 
in Abu Ghoreib - all das fällt in die Jahre 2001-2005. Vier Jahre 
lang war Bush Getriebener und Antreiber zugleich; später war er nur 
noch der Verwalter seiner eigenen politischen Konkursmasse.
In seiner politischen Persönlichkeit blieb Bush immer rätselhaft.
Selbst die weltweite Anti-Bush-Rhetorik konnte sich nie auf eine 
Angriffslinie einigen: Mal sollte Bush der dumme Cowboy sein, der gar
nicht versteht, wie Machtpolitik funktioniert, dann wieder war er 
selbst der eiskalte Machtmensch, rücksichtslos und ideologiefrei. 
Manchmal sollte er die Marionette in den Händen von Cheney und 
Rumsfeld sein, bald aber auch der feuereifrige Gotteskrieger, der die
Welt mit einer bornierten Freiheitsideologie überziehen will. So 
recht passt das alles nicht zusammen. Und dieser Eindruck der 
Widersprüchlichkeit bleibt bis heute.
Vorläufig allerdings kann man sich nur an das halten, was 
greifbar ist: Der Krieg im Irak, gegen den alle Welt protestierte, 
hat bislang verheerende Folgen gehabt, für den Krieg in Afghanistan 
(den alle Welt anfangs für richtig hielt) gilt dasselbe. Die 
Glaubwürdigkeit der USA hat unter Bush schweren Schaden genommen. 
Innenpolitisch hat Bush nichts von dem verwirklicht, was er als 
"mitfühlenden Konservativismus" angekündigt hatte. Die ideologische 
Spaltung ist unter Bush vorangeschritten, der Graben zwischen Arm und
Reich tiefer geworden, seine ökonomische Bilanz (auch wenn er nur zum
Teil dafür verantwortlich ist) ist eine Katastrophe. Positiv fällt 
nur die Bildungsreform auf und das leidenschaftliche Engagement für 
die Aidsbekämpfung in Afrika. Bushs sehr vernünftige Ideen zur 
Einwanderungs- und Rentenreform scheiterten am Widerstand der 
Parteien.
Doch vielleicht gehört zur Bush-Bilanz noch etwas ganz anderes: 
Hat nicht erst Bush den Aufstieg Obamas ermöglicht? Hat nicht gerade 
die aufgestaute Frustration die Bereitschaft zu einem echten 
Neuanfang geschaffen? Erst die lähmenden letzten vier Jahre haben 
einen Prozess des Umdenkens in Gang gesetzt, der über einen einfachen
Parteiwechsel hinausgeht. Bushs nachhaltigstes politisches Erbe - das
ist die Ironie der Geschichte - könnte in dieser Sicht Obamas 
historischer Wahlsieg sein.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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