All Stories
Follow
Subscribe to BERLINER MORGENPOST

BERLINER MORGENPOST

Jeder Tag zählt bei der Öffnung
Kommentar von Susanne Leinemann zur Corona-Politik des Berliner Senats

Berlin (ots)

Kurzform: Wo der Regierende Bürgermeister Michael Müller diese Gelassenheit hernimmt, ist die große Frage. Berlin hat viel mehr als eine Krisenzahl in dieser Lockdown-Zeit. 52 Prozent der Gastwirte haben inzwischen Liquiditätsprobleme, 36 Prozent droht die Insolvenz, meldete die Berliner Industrie- und Handelskammer in dieser Woche. Wer offenen Auges durch die Stadt geht, kann das Geschäftssterben nicht übersehen. Es sind nicht bloß Läden, es sind menschliche Existenzen, die auf der Kippe stehen. Weniger Regierenden-Ruhe angesichts falscher Zahlen täte uns allen gut. Jeder Tag zählt.

Der vollständige Kommentar: So positiv wie möglich verkaufte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) die bevorstehenden Öffnungen: Keine nächtliche Ausgangssperre mehr nach dem 19. Mai, Öffnung der Außengastronomie an Pfingsten, und ab dem 21. Mai öffnen die Freibäder. Das alles weiterhin unter verschärften Hygienebedingungen - selbst wenn die Inzidenz an fünf Tagen hintereinander unter 100 liegt und somit die Bundes-Notbremse nicht mehr gilt. Denn: "Die 100 ist eine Krisenzahl", mahnte Müller. Wir seien noch mitten in der Pandemie, betonte er nach der Senatssitzung.

Die 100 ist eine Krisenzahl? Stimmt nur halb. Zur Wahrheit gehört: Die Inzidenzzahlen selbst sind in der Krise. Das Robert-Koch-Institut räumt inzwischen ein, dass die Hauptstadt am Montag nur auf deren Papier wieder auf 100,8 sprang - und damit über die magische Inzidenz-Grenze. Das lag schlicht daran, dass einige Bezirke, die wenige Corona-Fälle haben, ihre Wochenendzahlen nicht gemeldet hatten. Das drückte die Inzidenz künstlich nach oben. Ein Rechenfehler war es, der den Fünf-Tage-Traum der Hauptstädter begrub, schon dieses Wochenende Außengastronomie geöffnet zu sehen. Müller scheint das nicht weiter aufzuregen, nach dem Motto: Sind ja nur ein paar Tage. Geht ja bald los.

Wo er diese Gelassenheit hernimmt, ist die große Frage. Berlin hat viel mehr als eine Krisenzahl in dieser Lockdown-Zeit. 52 Prozent der Gastwirte haben inzwischen Liquiditätsprobleme, 36 Prozent droht die Insolvenz, meldete die Berliner Industrie- und Handelskammer in dieser Woche. Wer offenen Auges durch die Stadt geht, kann das Geschäftssterben nicht übersehen. Es sind nicht bloß Läden, es sind menschliche Existenzen, die auf der Kippe stehen. Weniger Regierenden-Ruhe angesichts falscher Zahlen täte uns allen gut. Jeder Tag zählt.

Pressekontakt:

BERLINER MORGENPOST

Telefon: 030/887277 - 878
bmcvd@morgenpost.de

Original content of: BERLINER MORGENPOST, transmitted by news aktuell

More stories: BERLINER MORGENPOST
More stories: BERLINER MORGENPOST
  • 10.05.2021 – 21:58

    Das nächste Experiment / Kommentar von Isabell Jürgens zum "Vergesellschaftungsgesetz"

    Berlin (ots) - Kurzform: Die Regierungsparteien sollten diesmal genau prüfen, ob sie ein Gesetz unterstützen, das wohl eher in die Kategorie "Wünsch-dir-was" fällt. Denn entschädigt werden sollen die Unternehmen laut vorgelegtem Entwurf nicht mit Geld, sondern mit Schuldverschreibungen weit unter dem Marktwert der Wohnungen. Ganz abgesehen von diesem fragwürdigen ...

  • 07.05.2021 – 21:25

    Berlin ist doch kein Dorf / Kommentar von Joachim Fahrun zur Klimaliste Berlin

    Berlin (ots) - Kurzform: Die Aktivisten träumen von einer riesigen Landkommune und verkennen dabei, dass viele Großstädter eben gerade das Anonyme, Freie schätzen, das die Stadt vom Dorf unterscheidet. Die Klimaliste zeigt auch, unter welchem Druck die gerade auf der Erfolgswelle surfenden Grünen stehen. Strategisch kann sich die politische Klima-Bewegung als ...

  • 04.05.2021 – 18:54

    Nicht nur ans Fahrrad denken - Kommentar von Jessica Hanack

    Berlin (ots) - Die Forderungen des Berliner ADFC für die kommende Legislaturperiode sind umfassend: die jährlichen Ausgaben für den Radverkehr verdreifachen, Kreuzungen sicher umbauen, Radschnellverbindungen und Fahrradstraßen schaffen, mehr Tempo in den Verwaltungen erreichen. Zu den Forderungen gehören aber auch Punkte, die Autofahrer in der Stadt einschneidend treffen würden. Dazu zählt es, jährlich 60.000 ...