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Berliner Morgenpost: Das Impfen geht auf Steinbrücks Kosten

Berlin (ots)

Bislang behalten zum Glück alle die Nerven. Und wer
nicht im privaten oder beruflichen Umfeld entsprechende 
Krankheitsfälle hat, den beschäftigt die Schweinegrippe wohl nur am 
Rande - beim Händewaschen zum Beispiel (bitte mehrmals täglich und 
mindestens jeweils 30 Sekunden lang, sagen die Ärzte).
Nun stellt sich aber doch für jeden von uns die Frage nach den Kosten
für die Bereitstellung, Lagerung und Anwendung von Impfstoffen. In 
Sachsen tritt bereits die öffentliche Hand in Fällen von 
Verdienstausfall durch Quarantäne ein - und nun haben die 
gesetzlichen Krankenkassen Bund und Länder aufgefordert, auch die 
Kosten der Schutzimpfungen zu übernehmen. Andernfalls müssten die 
Krankenkassen Zusatzbeiträge von ihren Mitgliedern erheben. Eine 
Summe in der Größenordnung von 600 Millionen bis eine Milliarde Euro 
- die Angaben schwanken - bringe die Kalkulation des Gesundheitsfonds
"ins Rutschen", so argumentieren die Kassenvertreter.
Lass ihn doch "rutschen", den Gesundheitsfonds, wird mancher denken. 
Das tut er doch längst schon und sowieso. Umso schneller er rutscht, 
desto schneller ist er weg, der Fonds. Diese von niemandem in dieser 
Form gewollte Fehlkonstruktion der großen Koalition wartet doch nur 
auf den Luftzug, der das ganze Kartenhaus zum Einsturz bringt, so 
könnte man argumentieren - und sich weiter fleißig die Hände waschen.
Man könnte aber auch die 30 Sekunden (mindestens!) des 
Seifenschaum-Walkens nutzen, um kurz nachzudenken und dabei schnell 
zu einem ganz anderen Schluss kommen. Denn bevor man diesem 
vermurksten Gesundheitsfonds-System die Schweinegrippen-Kostenfrage 
aufdrückt und Hunderten von staatlich- bis halbstaatlichen, hoch- bis
überbezahlten Leistungsträgern eine mehrmonatige Kommissionsarbeit 
zur Klärung der Kostenfrage beschafft, ist schon jetzt festzustellen:
Seuchenprophylaxe ist eine klassische Gemeinaufgabe jeder staatlichen
Ordnung; und wie damit zu verfahren ist, längst rechtlich festgelegt.
Die Kosten, die im Zusammenhang mit einer Massenimpfung gegen das 
H1N1-Virus entstehen, sind eindeutig irregulär - im Sinne von nicht 
vorhersehbar -, und für irreguläre Gemeinaufgaben wie Deichbruch und 
Virenangriffe sind nun einmal im Zuge der unmittelbaren 
Gefahrenabwehr alle für einen und einer für alle zuständig.
Epidemische Erscheinungsformen - also, wie das Lexikon sagt, "die 
zeitliche und örtliche Häufung einer Krankheit innerhalb einer 
menschlichen Population, wobei es sich dabei im engeren Sinn um 
Infektionskrankheiten handelt" - sind ohne jede Frage systemrelevant.
Alle Räder stehen still, wenn das Virus es so will. Und für 
Systemrelevantes ist hierzulande, jedenfalls noch bis zum 
Bundestagswahltermin am 27.September - danach sitzt er 
wahrscheinlich bei Wasser und Brot im Schuldturm - nur einer 
zuständig: der Zentralkassenverwalter.
Also, Herr Steinbrück, übernehmen Sie! Der Virentribut geht alle an.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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