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Berliner Morgenpost: Das Bündnis braucht eine neue Strategie - Kommentar

Berlin (ots)

Weder Demonstrationen vor den Türen noch die Suche
nach einem neuen Selbstverständnis im Saal können den Blick trüben: 
Die Nato als amerikanisch-europäische Verteidigungs- und 
Wertegemeinschaft hat allen Grund, voller Stolz ihren Geburtstag zu 
feiern. Die vergangenen 60 Jahre waren die erfolgreichsten, die ein 
Bündnis je erlebt hat. Es hat Sicherheit und Freiheit garantiert in 
Zeiten, da während des Kalten Krieges durch den expansiven 
Kommunismus beides bedroht war. Die Nato hat diesen Krieg nicht nur 
gewonnen. Sie hat durch die Entschlossenheit ihrer Mitglieder, auch 
gegen härtesten Widerstand einer massenhaften "Friedensbewegung", den
Weg zur Überwindung der Teilung Europas - und damit der Deutschlands 
- geebnet. Auch wenn es heute viele nicht mehr wahrhaben wollen oder 
schon wieder vergessen haben: Insbesondere Deutschland hat der Nato 
viel zu verdanken.
Der Gründung 1949 voraus gingen das Vordringen des sowjetischen 
Machtimperiums in Ost- und Mitteleuropa bis an Elbe und Adria und die
Blockade West-Berlins. Die Russen draußen, die Amerikaner drinnen und
die Deutschen unter Kontrolle halten - so hat der erste 
Nato-Generalsekretär Lord Ismay einmal freimütig den Zweck des 
Bündnisses auf den Punkt gebracht. Für Konrad Adenauer, den ersten 
Nachkriegskanzler, waren eine Nato-Mitgliedschaft und der deutsche 
Wehrbeitrag zugleich politischer Hebel, wieder als Partner in die 
freie Völkergemeinschaft aufgenommen zu werden. In diesem Sinne hat 
sich die Nato nie nur als rein militärisches Bündnis, sondern immer 
auch als ein politisches verstanden; eben als Wertegemeinschaft, 
verpflichtet den Prinzipien der Freiheit.
Das hat der Nato das Überleben nach dem Ende des Kalten Krieges, mit 
dem ihr der zentrale Feind abhandengekommen war, erleichtert.
Der neue Feind scheint allerdings ein noch gefährlicherer zu sein, 
weil unberechenbar und kaum sichtbar. Spätestens seit dem 11. 
September 2001 ist der weltweit agierende Terrorismus zur alles 
entscheidenden Herausforderung geworden. Wie schwer sich die Nato mit
ihr tut, zeigt sich in Afghanistan. Die Mitgliedsländer haben nicht 
nur große Probleme, die Menschen von der Notwendigkeit des 
Engagements fern der Heimat zu überzeugen. Noch bedenklicher ist, 
dass Regierungen und militärische Nato-Führung noch immer auf der 
Suche nach der richtigen Strategie für diesen neuen asymmetrischen 
Krieg (Soldaten gegen Guerilleros) sind.
Das Geburtstagstreffen in Baden-Baden und Straßburg verspricht 
dennoch zur überfälligen Offensive zu blasen: Die Europäer kommen dem
Wunsch Amerikas nach mehr Soldaten in Afghanistan nach, anders als 
George W. Bush setzt Barack Obama nicht länger allein auf 
militärische Stärke, sondern will diese - wie von Europa erwartet - 
mit zivilem Krisenmanagement verbinden, und schließlich verspricht 
die Ankündigung des US-Präsidenten, die atomaren 
Abrüstungsverhandlungen mit Moskau wieder zu beleben, der Nato neue 
Glaubwürdigkeit.
Gibt der Nato-Gipfel eine solche "Grand Strategy" in Auftrag und 
bindet Russland in diese als Partner ein, dann verspricht dieser 60. 
nicht der letzte runde Geburtstag der Nato zu sein.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost
Chef vom Dienst
Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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