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Lausitzer Rundschau: Europa am Scheideweg Zu den Verhandlungen zwischen EU und Türkei

Cottbus (ots)

In Brüssel geht es jetzt tatsächlich um Merkels Lösung, nicht um Obergrenzen. Den Flüchtlingsstrom dort stoppen, wo seine erste Station ist, also in der Türkei. Und den Menschen dort Hilfsangebote machen. Das wollte die Kanzlerin immer. Sie wollte so das offene Europa retten und ist nun nah dran. Es gibt zwei Lager, die das noch verhindern können bei den entscheidenden Gesprächen in der nächsten Woche. Zum einen die europäischen Nationalisten, von Bayern über Polen, die Slowakei und Ungarn bis runter nach Mazedonien. Diese Politiker haben sich mit Gnadenlosigkeit, teilweise auch mit Fremdenhass profiliert. Die Zäune sind das Symbol ihrer scheinbaren Stärke und Entschlossenheit. Dass diese Zäune ohnehin bald umgangen worden wären auf neuen Schlepperrouten, dass diese Routen neue Tote gefordert hätten, dass die Zäune langfristig nichts lösen, aber Europa kaputt machen, alles geschenkt. Diese Politiker brauchen die Zäune nach innen, zu ihrem eigenen Schutz. Ein Viktor Orban wird es als Entmannung empfinden, wenn er sie wieder abbauen soll. Merkels einziger Partner, der türkische Präsident Erdogan, ist aus keinem anderen Holz geschnitzt. Ein bisschen wollte die Kanzlerin ihm dafür entgegenkommen, dass er die Migranten bei sich behält, doch der türkische Präsident will das Ganze. Mehr Geld. Visaerleichterungen, am Ende die EU-Mitgliedschaft. Er bietet aber auch das Ganze: die Aufnahme aller Flüchtlinge. Man kann nur schlucken. Erdogan ist ein schmieriger Partner. Ein Autokrat, Nationalist und Kriegstreiber. Aber er kann die Flüchtlinge jederzeit alle durchlassen nach Norden, wenn seine Forderungen nicht erfüllt werden. Und wird das tun. Spätestens bei Erdogans Forderung, dass ihm genauso viele syrische Flüchtlinge wieder abgenommen werden, wie er aus Griechenland zurücknimmt, begegnet die Kanzlerin den europäischen Nationalisten wieder. Deren Bereitschaft, Flüchtlinge in Kontingenten direkt aus der Türkei aufzunehmen, geht bisher gegen null. Und die sich schleimig rausredenden Franzosen und Briten sind auch keine wirkliche Hilfe. Aber schon vorher, bei den verlangten Visaerleichterungen, machen viele Europäer nicht mit, denn auch Türken wollen sie in ihrer Phobie gegen alles Fremde nicht bei sich haben, nicht mal als Touristen. Und mal ehrlich, bei der Frage der EU-Aufnahme der Türkei sitzt auch Angela Merkel selbst im Bremserhäuschen. So gerät Europa unversehens an den Punkt einer großen Entscheidung. Wohin will sich der Kontinent wenden? In Richtung Offenheit nun auch gegenüber der Türkei? In eine Zukunft, die so viele Risiken enthält? Oder zurück in den vermeintlich sicheren Nationalstaat mit Schlagbäumen? Die Flüchtlinge erzwingen eine Antwort. So oder so.

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